Denkst Du ständig ans Essen? Was wirst Du als Nächstes essen? Wann ist die nächste Mahlzeit? Wie viele Kalorien hat dieses Lebensmittel? Dann bist Du damit nicht allein. Viele Frauen mit Essstörungen kennen diese kreisenden Essensgedanken nur zu gut.
Der sogenannte Food Focus beeinflusst Deinen ganzen Alltag. Im Supermarkt vergleichst Du die Nährwertangaben auf jeder Verpackung. Du planst minutiös Deine Mahlzeiten und beobachtest genau, was andere essen. Vielleicht fragst Du Dich öfters, ob diese Gedanken jemals aufhören?
Nach zwölf Jahren mit Magersucht und Bulimie, kenne ich diese quälenden Gedanken gut. Auch ich war stark mit Essensgedanken beschäftigt. Früher dachte ich, dass es nur mir so geht. Und dass ich trotz regelmäßigerer Mahlzeiten nicht aufhören könnte, ständig ans Essen zu denken.
In diesem Artikel erfährst Du, was Food Focus wirklich ist und warum er auftritt. Zudem erkläre ich Dir, wie ich es geschafft habe, meine Gedanken wieder freizubekommen. Du wirst im Laufe des Textes verstehen, dass Dein Körper Dir mit diesen Gedanken auf biologische Notwendigkeiten aufmerksam machen möchte. Zudem lernst Du, wie Du dieses Signal nutzen kannst, um konkrete nächste Schritte zu erkennen.
Was ist Food Focus?
Food Focus bezeichnet eine extreme Beschäftigung mit sowie eine Fixierung aufs Essen. Es sind mehr als nur normale Gedanken an die nächste Mahlzeit. Typische Gedanken bei Food Focus sind: Was esse ich als Nächstes? Wann esse ich als Nächstes? Wie viel darf ich essen? Sollte ich noch warten, um später mehr essen zu können?
Typisch für Food Focus ist auch die intensive Beschäftigung mit dem Essverhalten anderer. Zum Beispiel, wenn Du stundenlang Kochsendungen oder »Full Day of Eatings« Videos schaust.
Food Focus tritt besonders häufig nach extremen Diäten, bei Essstörungen oder bei geringem Körperfettanteil auf. Du kannst ihn auch als Folge von Mangelernährung betrachten. Bei einer Unterversorgung wird Dein Körper auf verschiedene Weise nach Nahrung verlangen. Selbst, wenn Du nicht bewusst hungerst. Eine dieser Strategien ist es, Deine Gedanken immer wieder aufs Essen zu lenken.
Woran erkennst Du, dass Du betroffen bist? Beobachte Dich einfach selbst. Verbringst Du unverhältnismäßig viel Zeit damit, Mahlzeiten zu planen? Stehst Du im Supermarkt lange vor Regalen und vergleichst Produkte zwanghaft miteinander? Das können Anzeichen für einen Food Focus sein.
Dabei ist Food Focus kein persönliches Versagen und kein Zeichen mangelnder Willenskraft. Es ist einfach nur eine biologische Reaktion Deines Körpers, sein Überleben zu sichern. Dass mein Körper mir mit diesen ständigen Gedanken etwas Wichtiges mitteilen wollte, war für mich eine wichtige Erkenntnis.
Die Ursachen verstehen
Warum entsteht diese gedankliche Fixierung auf Nahrung? Die Antwort liegt in biologischen und psychologischen Prozessen. Food Focus entsteht durch einen Nährstoffmangel, den Dein Körper ausgleichen möchte.
Nach extremen Diäten oder während einer Essstörung befindet sich Dein Körper oft in einem Nährstoffdefizit. Vielleicht hast Du bestimmte Lebensmittelgruppen komplett gestrichen oder Deine Kalorienzufuhr drastisch reduziert. Dein Körper registriert diesen Mangel und schaltet auf Hungermodus um, um Dich zu schützen.
Mangelernährung ist dabei einer der Hauptauslöser für Food Focus. Das muss nicht bedeuten, dass Du offensichtlich hungerst. Auch bei einseitiger Ernährung, wo Nährstoffe fehlen, kann Food Focus auftreten. Vielleicht trainierst Du auch mehrmals pro Woche intensiv und bist daher unterversorgt? Das kann auch passieren, wenn Du selbst Dich gar nicht bewusst bei Kalorien einschränkst.
Auch regelmäßiges Fasten kann den Food Focus verstärken. Durch die wiederkehrenden Hungerphasen signalisierst Du Deinem Körper Nahrungsknappheit. Dein Körper weiß nicht, wann die nächste Mahlzeit kommt, und richtet daher Deine Gedanken immer wieder auf Nahrung. Zudem beeinflussen Stress, Darmgesundheit und Schlafqualität, wie stark der Food Focus ausgeprägt ist.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch das Körpergewicht einen großen Einfluss hat. Je weiter ich im Untergewicht war, desto intensiver waren meine Gedanken ans Essen. Dies ist ein evolutionär verankerter Überlebensmechanismus. Dein Körper will Dich durch diese Gedanken motivieren, mehr zu essen, um wieder ein gesundes Gewicht zu erreichen.
Verbote und Einschränkungen verstärken den Food Focus zusätzlich. Vielleicht kennst Du das auch, dass Deine Gedanken genau zu den Lebensmitteln wandern, die Du Dir verbietest.
Mein persönlicher Kampf mit Food Focus
Der Food Focus hat mich lange auf meinem Heilungsweg begleitet. Auch als ich keine Essanfälle mehr hatte, kreisten meine Gedanken ständig ums Essen. Es hat mich richtig verrückt gemacht und ich wollte einfach nur, dass diese Gedanken aufhören.
Ich sprach mit meinem Therapeuten darüber. Damals wusste ich noch nicht einmal, dass man diesen Zustand „Food Focus“ nennt. Ich fühlte mich allein mit diesem Problem und dachte, bei anderen hätten die Gedanken ans Essen längst aufgehört.
Rückblickend weiß ich, dass mein Körper damals noch im Untergewicht war. Die ständigen Essensgedanken waren sein Hilferuf. Zudem hatte ich mich zwölf Jahre lang intensiv mit dem Thema Essen beschäftigt. Es war mein Lebensinhalt geworden. Ich hatte noch nichts gefunden, was diesen Platz in meinem Leben füllen konnte.
Der ständige Gedankenkreislauf belastete mich sehr. Ich konnte mich schlecht konzentrieren und empfand oft Futterneid. Ich beobachtete, was andere aßen, und fragte mich verzweifelt, wann die Fixierung endlich aufhören würde.
Mit der Zeit erkannte ich jedoch, dass diese Gedanken normal sind. Zudem haben sie einen wichtigen Grund. Diese Erkenntnis half mir, meine Situation besser zu verstehen. Statt mich über den Food Focus zu ärgern, begann ich, ihn als Wegweiser zu nutzen.
Die versteckten Überlebensmechanismen
Food Focus ist keine Störung, sondern eine Überlebensstrategie Deines Körpers. Wenn Du ständig ans Essen denkst, ist das ein Signal, dass Dein Körper Hunger hat. Oft kreisen die Gedanken besonders um Lebensmittel, die Du Dir verbietest oder deren Nährstoffe Dir fehlen. Der Körper weiß instinktiv, welche Nährstoffe er braucht.
Je stärker der Nährstoffmangel oder das Untergewicht sind, desto intensiver werden die Gedanken ans Essen. Dies ist evolutionär verankert. Menschen, die in Hungerzeiten stark ans Essen dachten, waren motivierter, Nahrung zu suchen und zu finden.
Food Focus ist also ein Hinweis darauf, was Dein Körper wirklich braucht. Statt diesen Mechanismus zu bekämpfen, kannst Du ihn als Wegweiser nutzen. Achte darauf, welche Lebensmittel in Deinen Gedanken besonders häufig auftauchen. Oft sind es genau die, die Dein Körper am dringendsten benötigt.
Typische Verhaltensweisen bei Food Focus
Food Focus zeigt sich nicht nur in Gedanken, sondern auch in konkreten Verhaltensweisen. Plötzlich hat das Essverhalten anderer Menschen eine magische Anziehungskraft für Dich.
Du schaust Dir vielleicht ständig „Full Day of Eatings“ bei Instagram an. Kochshows faszinieren Dich, obwohl Du die Rezepte nie nachmachst. Du möchtest andere bekochen, ohne selbst mitzuessen. All das sind typische Anzeichen für Food Focus.
Hinterfrage Dich selbst: Warum schaue ich mir diese Inhalte an? Vergleiche ich mich? Bevorzuge ich Videos, bei denen Kalorien angegeben werden? Diese Vergleiche sind oft unbewusste Versuche, das eigene Essverhalten zu rechtfertigen oder Bestätigung zu finden.
Im Supermarkt äußert sich Food Focus durch langes Vergleichen von Produkten. Du liest jedes Etikett, rechnest Kalorien pro Portion um und stehst minutenlang vor dem Regal. Am Ende entscheidest Du Dich oft doch für das gewohnte Produkt mit den wenigsten Kalorien.
Du verbringst viel Zeit damit, Deine nächsten Mahlzeiten zu planen. Dabei überlegst Du ständig: Wann esse ich? Was esse ich? Wie viel darf ich essen? Soll ich jetzt weniger essen, um später mehr essen zu können? Diese Gedanken rauben Dir Energie für andere Lebensbereiche.
Den Food Focus überwinden
Der Food Focus lässt nach, je weiter Du auf Deinem Heilungsweg vorankommst. Es gibt konkrete Schritte, die Dir helfen können, Deine Gedanken wieder freizubekommen.
Wichtig ist, Dich Deinem biologischen Idealgewicht zu nähern. In meiner Erfahrung wurden die Gedanken ums Essen deutlich schwächer, als ich nicht mehr im Untergewicht war. Dein Körper hört auf, ständig nach Nahrung zu schreien, wenn er ausreichend versorgt ist.
Löse Dich von Verboten und einer einseitigen Ernährung. Jedes verbotene Lebensmittel verstärkt den Food Focus. Erlaube Dir, alle Lebensmittel zu essen, besonders jene, nach denen Du Dich sehnst. Dies kann anfangs beängstigend sein, ist aber ein entscheidender Schritt zur Heilung.
Höre auf Deinen Körper und gib ihm, was er braucht. Wenn Du ständig an Schokolade denkst, ist das vielleicht genau das, was Dein Körper gerade benötigt. Durch das Erfüllen dieser Bedürfnisse lässt der Food Focus allmählich nach.
Wenn Du Dich ausreichend ernährst, musst Du auch nicht mehr ständig darüber nachdenken, was passieren könnte, wenn Du kein Essen bekommst. Der Vorratstrieb und die ständige Beschäftigung mit Nahrung nehmen ab.
Praktische Übungen zur Selbstreflexion
Um besser mit Food Focus umzugehen, hilft es, das eigene Verhalten zu reflektieren.
Stelle Dir folgende Fragen und notiere Deine Antworten:
- Warum beschäftigst Du Dich mit dem Essen anderer Menschen? Hinterfrage, warum die Essgewohnheiten anderer Dich so faszinieren. Suchst Du Bestätigung? Oder versuchst Du, Dein eigenes Essverhalten zu rechtfertigen?
- Warum ist es Dir wichtig zu wissen, ob die Kalorien stimmen? Oft steckt hinter der Kalorienfixierung die Angst vor Kontrollverlust. Erkenne, dass diese Kontrolle nur scheinbare Sicherheit bietet.
- Warum verbringst Du Zeit damit, Essen auf Instagram anzusehen? Überlege, ob diese Zeit nicht besser in etwas investiert wäre, das Dich wirklich voranbringt und Deinem Leben mehr Sinn gibt.
- Warum denkst Du über Deine nächste Mahlzeit nach? Ist es echter Hunger oder Gewohnheit? Lerne, zwischen Körperhunger und emotionalem Hunger zu unterscheiden.
- Warum kommst Du nicht ins Vertrauen mit Deinem Körper? Welche Ängste hindern Dich daran, auf Deine Körpersignale zu hören? Arbeite daran, dieses Vertrauen langsam wieder aufzubauen.
Eine praktische Übung: Führe eine Woche lang ein Esstagebuch. Notiere vor jeder Mahlzeit Deine Stimmung und Deinen Hungerlevel (1-10).. Schreibe auf, was und wie viel Du isst. Am Ende der Woche erkennst Du vielleicht Muster, die Dir helfen, den Food Focus besser zu verstehen.
Fazit: Dein Weg zur Freiheit
Food Focus ist kein Fehler, sondern Teil Deines Heilungswegs. Ich habe lange darunter gelitten und mich gegen diese Gedanken gewehrt. Als ich verstand, dass mein Körper damit kommuniziert, konnte ich den Food Focus als Wegweiser nutzen.
Mit ausreichender Ernährung und dem Auflösen von Lebensmittelverboten wurden die Gedanken ans Essen weniger. Ich musste lernen, meinem Körper zu vertrauen – auch wenn es manchmal beängstigend war.
Heute denke ich nicht mehr ständig ans Essen. Nahrung ist ein angenehmer Teil meines Lebens, aber nicht mehr der Mittelpunkt.
Wenn Du aktuell unter Food Focus leidest: Es wird besser. Die Gedanken werden leiser, wenn Du Deinen Körper nährst und Verbote aufhebst. Du bist nicht allein. Viele haben den Food Focus überwunden – und Du kannst es auch.
Möchtest Du Unterstützung von mir auf Deinem Weg? Dann buche Dir gerne ein kostenloses Kennenlerngespräch mit mir.
Liebe Grüße Deine Janina
„Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, vollständig zu sein.“
Jane Fonda