Was hast du schon zu verlieren?

Kategorie: Seele

Datum: 24.03.2021

Du hast Angst davor die Essstörung hinter dir zu lassen, denn du weißt nicht, was auf dich zukommt? Du hast Angst, die Gründe zu erforschen? Aber was hast du schon zu verlieren? Kennst Du Die Folgen einer Essstörung? Ja genau, was hat man denn eigentlich zu verlieren?

Ich dachte immer ich könnte unter anderem folgendes verlieren:

  • Mich würde keiner mehr mögen
  • Ich würde meinen Job verlieren
  • Sich Hilfe zu holen, hätte für mich bedeutet, dass ich meine Disziplin und mein Perfektionsstreben aufgebe und das ist doch das, weswegen mich dich Leute so schätzen?

Genau diese Dinge haben mich jahrelang davon abgehalten, mich auf den Heilungsweg zu begeben. Denn ich hatte Angst. Angst davor, dass genau die Dinge eintreten, die ich soeben genannt habe. Als ich mich damals meinem Freund anvertraut habe, sind wir zusammen diese Dinge durchgegangen und haben darüber gesprochen. Er hat mich Fragen gestellt, was passieren würde, wenn diese Dinge eintreten würden, wie ich dann reagieren würde. Und dann haben wir uns Dinge überlegt, wenn diese Dinge wirklich passieren würde, wie ich darauf reagieren kann. Positiv. Aus der Vergangenheit wusste ich nämlich eigentlich schon ganz gut. Das es immer Wege und Möglichkeiten gibt, wie sich aus etwas Negativem etwas Positives wandelt. Und das man daraus einfach nur noch gestärkter gehen wird.

Was habe ich gemacht?

Ich fing an, die Sätze zu transformieren, die mir so viel Angst bereitet haben:

1. Glaubenssatz: Mich würde keiner mehr mögen.

Tatsächlich hat eine Freundin danach den Kontakt zu mir abgebrochen. Aber ganz ehrlich? Dadurch habe ich auch gesehen, dass sie keine echte Freundin war. Ich brauche solche Menschen nicht in meinem Leben, die nicht zu mir stehen. Und durch die Essstörung habe ich erfahren, auf wen ich mich wirklich verlassen kann. Wäre der Fall eingetreten, dass mich wirklich niemand mehr mögen würde, wäre es natürlich im ersten Moment mehr als hart gewesen. Aber am Ende weiß man auch, dass es keine richtigen Freunde gewesen wären. Zudem habe ich mir in dieser Situation noch vorgestellt, wie ich reagieren würde, wenn meine Freundin in meiner Situation wäre und mir davon erzählen würde. Und anhand meiner Reaktion war ich schon viel beruhigter und ich war mir sicher, dass dieser Fall nicht eintreten wird.

2. Glaubenssatz: Ich würde meinen Job verlieren.

Was hast du schon zu verlieren

Das Problem bei mir war damals, dass ich gerade einen neuen Job angefangen hatte, ich mich also noch in der Probezeit befand. Mein Therapeut sagte mir beim Erstgespräch, dass er mich nicht betreuen möchte, da ich mich schon so lange in einer Essstörung befinde, dass er mich an eine Klinik verweisen möchte. Ich hatte unglaubliche Angst, denn ich wusste, dass ich in keine Klinik möchte und ich hatte Angst meinen Job zu verlieren. Letztendlich habe ich mir aber auch klargemacht, dass meine Gesundheit wichtiger ist und das ich Arbeitslosengeld bekommen würde, von dem ich auch erst einmal gut hätte leben können. Zudem hätte ich mit großer Sicherheit auch wieder einen neuen Job gefunden. Einen Job den ich dann hätte antreten können, wenn ich wieder gesund gewesen wäre. Nichts davon ist eingetreten. Ich habe meinen Job nicht verloren und ich war in keiner Klinik, denn ich konnte meinen Therapeuten überzeugen, es mit einer ambulanten Therapie zu schaffen.

3. Glaubenssatz: Wenn ich mir Hilfe hole bin ich schwach, undiszipliniert und schlecht.

Ich dachte das mich folgendes ausmacht. Meine Disziplin und mein Perfektionsstreben. Das mich die Leute genau dafür schätzen. Und ich dachte, dass wenn ich mir Hilfe hole und ich bewusst den Fokus auf mich und meine Heilung setze, dass es eine Form von Schwäche ist. Ich habe mir dann wiederum überlegt, wie es wäre, wenn meine Freundin mir davon erzählen würde. Und dann kamen mir die Gedanken hoch, dass ich niemals sagen bzw. denken würde, dass sie deswegen disziplinlos ist und sie deshalb ihr Perfektionsstreben aufgeben würde. Ich hätte es für gut befunden, dass sie sich um sich kümmern möchte. Und das wiederum fand ich sehr stark. Demnach wusste ich, dass es eine Illusion ist. Ich bin dadurch nicht weniger disziplinlos. Sondern sich Hilfe zu holen und sich einzugestehen, dass man Unterstützung auf dem Weg braucht, ist unglaublich stark und zeigt keinerlei Schwäche. Wären es wirklich die zwei Dinge gewesen, wofür mich die Leute schätzen und es als Schwäche gesehen hätten, dass ich mir Hilfe hole, dann hätte ich aber auch wieder direkt gewusst, dass ich diese Leute nicht in meinem Leben brauche.

Was hast du schon zu verlieren?

Schreibe dir deine Gedanken auf, die dich daran hindern, um aus dem Teufelskreis auszusteigen. Und überlege dir dann genau, was wäre wenn diese Ängste eintreten würden. Überlege dir Möglichkeiten was passieren würde, wenn es wirklich eintritt. Wie könntest du reagieren? Was könntest du machen? Und ist es wirklich so schlimm und unüberwindbar, dass es den Heilungsweg nicht wert ist? Denn oftmals malen wir uns in unseren Gedanken die schlimmsten Sachen aus. Und wenn man sich hinsetzt und sich die Sachen aufschreibt, dann wirkt es oftmals viel einfacher. Die Hürden wirken nicht mehr so groß und Gedanken tauchen auf: „So schlimm wird es glaube ich doch nicht werden.“ Wenn du dir also Gedanken dazu machst, wie du auf deine schlimmsten Befürchtungen reagieren könntest, wenn diese eintreten würden, dann hättest du direkt Möglichkeiten darauf zu reagieren. Denn du hast dir im Vorfeld schon Gedanken dazu gemacht.

Dieser Schritt ist so unglaublich wichtig, denn es nimmt einem enorm viel Angst.

Alles Liebe.

Deine Janina

„Die Belohnung für Anpassung ist, dass jeder Dich mag, außer Du Dich selbst.“

Rita Mae Brown

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