Fühlst Du Dich manchmal gefangen im Kampf mit Dir selbst? Viele Frauen kämpfen täglich, so eingewickelt in Gewohnheiten, die sie festhalten. Essstörungen sind nicht nur körperlich herausfordernd, sondern mit Verhaltensweisen verknüpft, die Dich zurückhalten.
Diese Muster sind oft schwer zu durchbrechen, weil sie Dir Sicherheit vorgaukeln. Sie reichen von Angst vor Kontrollverlust bis zur Furcht vor Veränderung. Aber sie hindern Dich an der Genesung.
In diesem Artikel schauen wir uns diese Muster an und ich zeige Dir Wege auf, sie zu überwinden. Entdecke, wie Du Dich von der Essstörung befreien und wieder ein freies und leichtes Leben führen kannst.
Muster und Gewohnheiten, die die Heilung von Essstörungen verhindern
In den folgenden Absätzen stelle ich Dir drei Gewohnheiten vor, die Dich in Deiner Essstörung halten. Damit Du Deine Essstörung komplett überwinden kannst, solltest Du diese Gewohnheiten loslassen.
Angst vor Kontrollverlust
Fühlst Du Dich manchmal, als würdest Du auf einem dünnen Seil über einen tiefen Abgrund balancieren und dabei krampfhaft versuchen, nicht zu fallen? Diese Vorstellung kann die Angst vor Kontrollverlust ziemlich gut beschreiben. Denn diese Angst haben viele Frauen mit Essstörungen tagtäglich. Der Gedanke, die Kontrolle über das eigene Leben oder den eigenen Körper zu verlieren, kann erschreckend sein. Doch dies führt oft dazu, dass Essgewohnheiten als Mittel genutzt werden, um diese Kontrolle zu erlangen. Allerdings führt dieser Versuch paradoxerweise häufig zu einem noch größeren Kontrollverlust. Sogar nicht nur über das Essen, sondern auch über das eigene Leben.
Kontrollillusionen in der Essstörung sind trügerisch. Sie gaukeln Dir vor, alles im Griff zu haben, während sie Dich tatsächlich immer weiter in die Essstörung hineinziehen. Die Wahrheit ist, dass wahre Kontrolle nicht darin besteht, jede Mahlzeit akribisch zu planen oder Kalorien zu zählen. Wahre Kontrolle bedeutet, zu erkennen, wann es an der Zeit ist, loszulassen. Das bedeutet, Deinem Körper zu erlauben, Dir zu zeigen, was er wirklich braucht.
Die Bedeutung des Loslassens von Kontrollzwängen für die Heilung kann ich nicht genug betonen. Es ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Genesung. Das Loslassen ermöglicht es Dir, zu lernen, Deinem Körper wieder zu vertrauen. Nur so kannst Du auch wieder lernen, dass es in Ordnung ist, nicht jede Kleinigkeit kontrollieren zu können. Dies eröffnet Dir den Raum, zu heilen und wieder ein gesundes Verhältnis zum Essen und zum eigenen Körper zu finden. Nur wenn Du die Illusion der Kontrolle loslässt, kannst Du wirklich frei werden.
Identitätsverlust ohne Essstörung
Der Verlust der Essstörung kann sich anfühlen, als würdest Du einen Teil Deiner Identität verlieren. Viele Betroffene können sich ein Leben ohne ihre Essstörung kaum vorstellen. Denn die Essstörung ist tief in ihrem Selbstverständnis und ihrem Alltag verwurzelt. Diese Angst vor Identitätsverlust ist ein mächtiges Hindernis auf dem Weg zur Heilung. Oder wie ist es bei Dir? Wer bist Du ohne die Muster, die Dich so lange definiert haben?
Die Essstörung füllt oft eine Leere und bietet eine Struktur. Dies ist für viele eine Art, sich selbst und anderen zu beweisen, dass sie etwas im Griff haben. Das Loslassen dieser Struktur bedeutet, sich auf unbekanntes Terrain zu wagen. Es erfordert Mut, Dich ohne die Essstörung neu zu definieren und zu entdecken, wer Du wirklich bist. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass Du auch ohne Deine Essstörung wertvoll und liebenswert bist. Deine Identität besteht aus so viel mehr als nur aus Essgewohnheiten oder Körperbild.
Der Prozess der Selbstfindung nach der Essstörung ist eine Reise, die Geduld und Selbstmitgefühl erfordert. Es ist eine Chance, Interessen, Leidenschaften und Werte neu zu entdecken oder zu entwickeln. Diese können dann unabhängig von der Essstörung Bestand haben. Aktivitäten und Hobbys können Wege sein, Dich selbst jenseits der Essstörung zu entdecken und neue Freude am Leben zu finden. Sie können Dir dabei helfen, ein neues Selbstverständnis zu schaffen, das nicht von der Essstörung dominiert wird. Letztendlich ist es eine Reise, die zu einem authentischen, erfüllten Leben führt, in dem die Essstörung keinen Platz mehr hat.
Bequemlichkeit und der Widerstand gegen Veränderung
Das Festhalten an Deiner Essstörung kann manchmal einfacher erscheinen als der Schritt in Richtung Genesung. Der Grund? Bequemlichkeit und der tief sitzende Widerstand gegen Veränderung. Es mag paradox klingen, doch für manche bietet die Essstörung eine Art falsche Sicherheit und Komfortzone. Sie kennen den Umgang mit ihrer Essstörung, die Routinen und Rituale, die damit verbunden sind. Die Vorstellung, all das hinter sich zu lassen, kann Angst einflößen.
Doch was bedeutet es wirklich, aus der Komfortzone herauszutreten? Es bedeutet, dass Du Dich den Herausforderungen und Ängsten stellst, die mit Veränderungen einhergehen. Es bedeutet, dass Du Dich der Unsicherheit und den damit verbundenen Emotionen öffnest. Ja, es kann ungemütlich sein, das kann ich Dir aus eigener Erfahrung sagen. Außerdem wird es Momente geben, in denen Du zweifelst, ob der Weg der Recovery der richtige für Dich ist. Doch bedenke: Wachstum findet außerhalb der Komfortzone statt. Jeder Schritt, den Du gehst, ist ein Schritt weg von der Essstörung. Jeder Schritt bringt Dich einem freien und leichten Leben näher.
Die Bedeutung von Motivation für Deine Genesung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Motivation ist der Treibstoff, der Dich durch die schwierigen Phasen der Genesung trägt. Es ist wichtig, Dir immer wieder klarzumachen, warum Du diesen Weg gehst. Halte an Deinen Zielen und Träumen fest.
Strategien zur Überwindung der Muster, die Heilung verhindern
Nun hast Du bereits drei Gewohnheiten kennengelernt, die Dich in Deiner Essstörung halten. Natürlich gibt es auch noch andere Gründe, warum Du in der Essstörung bist. Allerdings weißt Du inzwischen, dass Du sie loswerden musst. Damit Dir dies gelingt, gebe ich Dir nachfolgend Strategien an die Hand, wie Du alle Gewohnheiten hinter Dir lässt.
Erkennung und Bewältigung von Kontrollzwängen
Die Bewältigung beginnt damit zu erkennen, dass der Wunsch nach Kontrolle oft aus tiefer liegenden Ängsten und Unsicherheiten herrührt. Es ist quasi ein Versuch, das Unvorhersehbare vorhersehbar zu machen. Dadurch versuchst Du, das Gefühl der Sicherheit zu bewahren. Doch in Wahrheit führt dieses Verhalten zu einer Einschränkung Deines Lebens. Eine Therapie oder ein Coaching können bei diesem Prozess hilfreich sein. Denn dort hast Du einen sicheren Raum, um die tieferen Gründe für Deine Kontrollzwänge zu erkunden. Außerdem hast Du jemanden an Deiner Seite, um individuelle Strategien zu entwickeln und damit umzugehen.
Konkrete Übungen, die Du umsetzen kannst:
- Emotionstagebuch führen: Nimm Dir jeden Tag 10 Minuten Zeit, um Deine Gefühle zu reflektieren und aufzuschreiben. Konzentriere Dich auf Emotionen, die Du normalerweise vermeidest, wie Angst, Traurigkeit oder Unsicherheit. Versuche, diese Gefühle zu beschreiben. Notiere Dir zusätzlich, was diese Gefühle ausgelöst hat und wie Du damit umgegangen bist. Diese Übung hilft Dir, Deinen emotionalen Zustand besser zu verstehen. Zudem lernst Du so zu akzeptieren, dass es in Ordnung ist, diese Gefühle zu haben. Dies kann Dir auch bei Rückfällen helfen.
- Wöchentliche Flexibilität-Challenge: Setze Dir das Ziel, jede Woche mindestens eine neue Aktivität zu unternehmen. Das kann so etwas sein wie der Versuch eines neuen Hobbys, der Besuch eines neuen Ortes oder eine neue Route auf dem Weg zur Arbeit. Schreibe am Ende der Woche in Dein Journal, wie diese Erfahrungen sich auf Dein Gefühl der Kontrolle ausgewirkt haben. Notiere Dir ebenfalls, was Du dabei über Dich und Deine Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen, gelernt hast.
Selbstfindung jenseits der Essstörung
Auf dem Weg der Recovery stehst Du vor der Herausforderung, Dich selbst neu zu entdecken. Die Essstörung nimmt oft einen großen Teil der Identität ein. Deshalb fühlst Du Dich ohne sie vielleicht verloren und unsicher. Dieser Prozess der Selbstfindung erfordert Mut und die Bereitschaft, Dich auf unbekanntes Terrain zu begeben. Therapie oder Coaching können wertvolle Werkzeuge sein, um Dich dabei zu unterstützen.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Erkenntnis, dass Deine wahre Identität weit mehr umfasst als Deine Essgewohnheiten oder Dein Körperbild. Es geht darum, Dir selbst zu erlauben, neue Interessen, Leidenschaften und Talente zu erkunden. Dabei geht es um Dinge, die nichts mit der Essstörung zu tun haben. Dies können neue Aktivitäten und Hobbys sein, die Dir Freude bereiten und Dir helfen, Deine Stärken und Vorlieben besser zu verstehen.
Nachfolgend ein konkreter Tipp, wie Du vorgehen kannst.
Interessen-Exploration: Beginne mit einer Liste von Aktivitäten, die Dich interessieren könnten, selbst wenn Du sie bisher noch nicht ausprobiert hast. Es kann sich um kreative Hobbys wie Malen, Schreiben oder Musik, sportliche Aktivitäten oder sogar um akademische Interessen handeln. Nimm Dir jede Woche Zeit, um mindestens eine dieser Aktivitäten auszuprobieren. Dieser Prozess hilft Dir, Deine Leidenschaften zu entdecken und Deine Identität außerhalb der Essstörung zu formen.
Schritte zur Veränderung und aktiven Genesung
Die Überwindung Deiner Essstörung erfordert nicht nur die Bereitschaft zur Veränderung, sondern auch konkrete Schritte. Die Entwicklung eines positiven Mindsets gegenüber Veränderung kann dabei eine entscheidende Rolle spielen. Es geht darum, Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen. Diese Veränderungen bieten Dir eine Chance auf Heilung, auf ein neues Leben und auf die Entfaltung Deines wahren Selbst.
Erstellen Deines individuellen Recovery-Plans
Starte mit einer ehrlichen Selbstreflexion: Was möchte ich erreichen? Welche Bereiche meines Lebens möchte ich verbessern? Setze Dir realistische Ziele und überlege Dir, welche konkreten Schritte notwendig sind, um diese Ziele zu erreichen. Das kann die regelmäßige Teilnahme an einer Therapiesitzung sein, ein Coaching oder das Setzen von Grenzen in toxischen Beziehungen. Ein Recovery-Plan könnte auch die Suche nach unterstützenden Ressourcen beinhalten, wie Selbsthilfegruppen.
Denk daran, dass Recovery ein individueller Prozess ist. Was für die eine Person funktioniert, muss nicht zwangsläufig für Dich passen. Sei geduldig mit Dir selbst und erlaube Dir, Deinen eigenen Weg zu finden. Unterstützung kann dabei enorm helfen, aber letztendlich bist Du diejenige, die die Schritte gehen muss.
Meine Persönliche Erfahrungen
So viele Jahre habe ich mich in der Essstörung befunden. Und jeden Tag aufs Neue hatte ich insgeheim den Wunsch, wieder gesund zu werden. Aber ich konnte nicht. Ich hatte auch diese 3 Gewohnheiten, die ich nicht ablegen konnte und wollte. Jeder Tag drehte sich bei mir um das Kalorienzählen, Nährstoffangaben überprüfen, Sport treiben etc. Die Essstörung raubte mir meine Kräfte. Ich wusste es, aber ich konnte sie nicht einfach so aufgeben, denn ich hatte Angst.
Die Essstörung war mein täglicher, treuer Begleiter. Ich konnte mich immer auf sie verlassen. Sie war immer da. Auch wenn sie mir nicht gut getan hat, hatte ich Angst, sie loszulassen. Bei mir waren es 12 Jahre. In der Zeit habe ich mich kaum für andere Sachen interessiert. Ich kannte alle Nährwerttabellen auswendig, habe mich nur für Nahrung und Sport interessiert und konnte keine anderen Gedanken zulassen. Jedes Mal, wenn ich am Ende war und die Essstörung hinter mir lassen wollte, bekam ich Panik. Panik, weil ich nicht wusste, wer ich ohne die Essstörung bin. Was sollte ich mit der neuen Zeit machen, worin liegen meine Interessen? Und ich dachte „Ich kann das doch nicht einfach so aufgeben?“
Ich hatte Angst. Angst, nichts mit mir anfangen zu können und Furcht davor, nicht zu wissen, was ich mochte und was ich überhaupt möchte.
Es gibt einen Weg aus der Essstörung
Ich habe mich intensiv mit mir auseinandergesetzt und habe geschaut, was mich interessiert und was mir Spaß macht. Und ich kann Dir sagen. Es ist unglaublich toll, sich neu kennenzulernen. Du darfst diese Phase genießen, denn sie ist ein Geschenk. Ein Geschenk des Lebens, sich neu entdecken zu dürfen. Herauszufinden, wer man ist und vor allem, wer man ohne die Essstörung ist.
Ich hatte so viele Gedanken, dass ich endlich gesund werden möchte. Dass ich ein „normales“ Leben führen möchte, ohne die ständigen Gedanken ums Essen. Ich habe mir ein Leben gewünscht, in dem ich essen konnte, wie früher. Mir keine Gedanken darüber zu machen und den Tag so zu verbringen, wie ich es mir vorstelle. Aber ich dachte so oft, dass ich keine Kraft dazu hatte. Ich war bequem. Die Essstörung war mein sicherer Hafen. Und ich wusste, wenn ich die Essstörung hinter mir lassen möchte, wird es nicht einfach.
Und jedes Mal, wenn ich mir vorgenommen hatte. „So, jetzt greifst Du an.“ Kamen mir direkt Gedanken hinterher: „Nein, ich habe keine Kraft dafür.“ Aber jetzt kann ich sagen, dass es Quatsch ist. Klar ist der Heilungsweg nicht einfach. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass er es ist. Aber mehr Kraft kostet es, in der Essstörung zu bleiben. Also der Gedanke, dass man sich nicht auf den Heilungsweg begeben kann, weil man keine Kraft dafür hat, ist total falsch. Denn am Ende ist es die Essstörung, die einem die ganzen Kräfte raubt.
Wenn Du Unterstützung auf Deinem Weg benötigst, melde Dich gerne bei mir.
Liebe Grüße
Deine Janina
„Die meisten Sorgen bestehen aus unbegründeter Furcht.“
Jean Paul Sartre