Du hast Dich vielleicht entschlossen die Essstörung hinter Dir zu lassen und ein neues Leben zu beginnen. Vielleicht befindest Du Dich bereits auf Deinem Heilungsweg. Du hast den unglaublichen Willen die Krankheit zu besiegen und es kann trotzdem sein, dass Du momentan nicht weiter weißt, das Gefühl hast stehen zu bleiben, oder sogar Rückschritte zu machen. Daher möchte ich Dir im folgenden vier Gründe aufzeigen, warum Du es noch nicht aus der Essstörung geschafft hast.
1. Grund: Du hast Angst!
Klar, die Essstörung ist so gesehen deine Komfortzone. Du kannst dich auf sie verlassen und sie ist immer zur Stelle, wenn es dir nicht gut geht. Oftmals weißt du überhaupt nicht, wer du ohne deine Essstörung bist, denn sie begleitet dich schon so viele Jahre. Und dann sollst du plötzlich deine Komfortzone verlassen? Ja, es ist beängstigend denn man weiß nicht was kommt und das Ungewisse macht einem große Angst.
Mir ging es auch so (Hier kannst Du Dir meine Geschichte anhören). Vielleicht hat es deswegen auch bei mir so lange gedauert, bis ich selber den Wunsch hatte gesund zu werden. Dies lag wahrscheinlich an meiner Angst. Ich hatte Angst vor etwas Neuem, ich hatte Angst davor herauszufinden, wer ich eigentlich bin und was ich überhaupt möchte. Aber rückblickend kann ich dir sagen, dass es nichts Schöneres gibt, als sich selbst neu kennen zu lernen. Du begibst dich auf eine Reise. Die Reise zu dir selbst! Du lernst dich neu kennen und du wirst erfahren, wo deine Stärken liegen. Und das ist doch großartig, oder nicht?
Mache dir eine Liste, setze dich hin und schreibe auf, wofür es sich lohnen würde, die Essstörung hinter dir zu lassen. Und wenn du diese Liste hast, dann kämpfe dafür und für dich. Manchmal muss man durch die Angst durch, um ein schöneres und glücklicheres Leben zu führen. Und das ist es doch was du möchtest, oder? Hast du nicht den Wunsch glücklich zu sein und die Essstörung hinter dir zu lassen? Also traue dich und lasse die Angst hinter dir.
2. Grund: Du hängst in deiner Opferrolle fest!
Du bist ein hoffnungsloser Fall?
Die Essstörung ist dein Schicksal?
Wenn du zunimmst, wird dich eh keiner mehr mögen?
Du merkst es vielleicht selber schon. Wenn du diese Gedanken hast, nimmst du eine Opferrolle ein. Jeder ist für sein eigenes Leben verantwortlich. Und niemand ist ein hoffnungsloser Fall und die Essstörung ist garantiert nicht dein Schicksal. Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich auch dieses Denken hatte. Ich bin davon ausgegangen, dass ich die Essstörung niemals loswerden würde, schließlich war sie 12 Jahre lang mein Begleiter. Aber das ist absoluter Schwachsinn. Du musst deine Gedanken ändern und deine Denkweise. Denn weder die Vergangenheit, noch die Zukunft bestimmen dein Leben. Es ist die Gegenwart. Du kannst das Hier und Jetzt beeinflussen! Also geh aus deiner Opferperspektive raus und nimm dein Leben selbst in die Hand.
3. Grund: Du verurteilst dich für deine Rückfälle!
In der Recovery gehören Rückfälle leider dazu. Du denkst, dass du dich dafür entscheidest gesund zu werden und von da ab an, wird es dir jeden Tag bessergehen und du wirst keine Rückfälle mehr haben?
Ich möchte dir nichts vormachen, aber so ist es leider nicht. Auf deinem Heilungsweg wirst du neben den guten Tagen auch schlechte Tage haben. An den schlechten Tagen weiß man oft einfach nicht mehr weiter, man ist verzweifelt, kraftlos und man fragt sich, warum man sich das eigentlich antut. Man könnte doch so einfach wieder in seine Komfortzone zurück. Die Essstörung!
Ich sage hier ganz klar. Nein! Lass dich an deinen schlechten Tagen nicht runterziehen, sondern akzeptiere es. Es ist vollkommen ok, dass nicht alle Tage gut sein können. Du darfst auch mal schlecht drauf sein, du darfst weinen, oder wütend sein. Alle Gefühle haben ihre Berechtigung. Und Rückfälle gehören in der Heilung dazu. Denn sie zeigen dir, an was du noch arbeiten musst. Sie zeigen dir genau deine Schwachstellen auf.
Also akzeptiere deine Rückfälle, mache dich nicht dafür verantwortlich und schaue, was der Rückfall dir sagen möchte. An was musst du noch arbeiten? Und am nächsten Tag sieht die Welt schon viel besser aus.
4. Grund: Du nimmst dir keine Zeit für dich!
Du denkst die Recovery läuft nebenbei und du kannst dich zwischendurch mal damit beschäftigen, wenn du gerade Zeit hast? Das ist falsch. Du hast den Willen gesund zu werden? Dann musst du dich zur obersten Priorität machen und alles andere kommt an zweiter, wenn nicht sogar dritter Stelle. Es ist unglaublich wichtig, dass du dir Zeit für dich nimmst, dich mit dir auseinandersetzt und das machst, was du möchtest. Betroffene richten sich oftmals nach anderen, können schlecht Nein sagen und nehmen ihre Bedürfnisse nicht wahr. Das muss in der Recovery aufhören. Du musst dich nach dir richten und lernen Nein zu sagen. Du musst lernen deine Bedürfnisse ernst zu nehmen.
Wenn du etwas nicht möchtest musst du dies kommunizieren.
Dir ist nach einem ruhigen Abend vor dem Fernseher, anstatt durch die Bars zu ziehen? Dann nimm dein Bedürfnis wahr und entscheide dich für den Abend vor dem Fernseher. Sag deinen Freunden die Wahrheit, dass du momentan nicht durch die Bars ziehen möchtest. Vielleicht haben deine Freunde auch viel mehr Lust auf einen Netflix-Abend? Aber falls nicht und du die Wahrheit gesagt hast, werden deine Freunde Verständnis zeigen. Der Heilungsweg ist nicht einfach und läuft nicht immer geradeaus, deswegen ist es umso wichtiger, dass du dir Zeit für dich nimmst. Du musst dich neu kennenlernen und du musst dich mit dir auseinandersetzen. Also lege Wert darauf, dass du dir alle Zeit der Welt nimmst um gesund zu werden. Du hast es verdient und das ist das Allerwichtigste. Das du gesund wirst! Und das sollte deine oberste Priorität sein.
Fazit:
Der Heilungsweg ist oftmals nicht leicht. Es geht nicht immer nur geradeaus. Man muss auch Hindernisse in Kauf nehmen. Aber oftmals muss man nur wissen, wie man mit Ihnen umzugehen hat. Du hast es dir verdient, dass du der Fokus bist. Betrachte die Zeit als deine Zeit und genieße sie. Es ist wundervoll sich neu kennenzulernen.
Alles Liebe.
Deine Janina
„Liebe das Leben, das Du lebst.
Lebe das Leben was Du liebst.“
Bob Marly