Hallo meine Liebe, hast Du Dir auch schon einmal die Frage gestellt, wie Du Deine Essstörung eigentlich besiegen kannst? In diesem Artikel möchte ich Dir aufzeigen, was aus meiner Sicht und meiner Erfahrung eine der wichtigsten Eigenschaften ist, um Deine Essstörung zu bezwingen. Solltest Du diese Eigenschaft nicht haben, ist es nahezu unmöglich für Dich Deine Essstörung hinter Dir zu lassen.
Es gibt natürlich viele unterschiedliche Wege, um eine Essstörung zu überwinden. Du kannst Dir zum Beispiel einen Therapeuten suchen, ein Coaching machen, in eine Klinik, Selbsthilfegruppe oder zur Gruppentherapie gehen. Innerhalb dieser Wege gibt es zusätzlich noch unterschiedliche Herangehensweisen. Daher wähle für Dich den Weg, der Dir am meisten zusagt.
Doch es gibt bei all diesen Wegen Grundlagen, die einfach vorhanden sein müssen, ohne diese ist es egal, welchen Weg Du gehst, denn Du wirst scheitern. Am Ende des Textes wirst Du einen genaueren Überblick haben, was ich meine.
Zuerst jedoch möchte ich Dir anhand eines Beispiels zeigen, worum es mir geht. Im weiteren Verlauf des Textes gehe ich weiter ins Detail. Ich habe mir als Beispiel die Klinik ausgewählt, da viele, die an einer Essstörung leiden, über einen Klinikaufenthalt nachdenken. Außerdem finde ich, die Klinik ist hierfür ein sehr passendes Beispiel.
Kann mir eine Klinik helfen, die Essstörung zu besiegen?
Die kurze Antwort lautet ja.
Denn es gibt Betroffene, die ihre Essstörung mithilfe einer Klinik hinter sich lassen konnten. Somit kann man in Kurzform sagen, da es anderen geholfen hat, kann es Dir auch helfen.
Allerdings wäre nach dieser Antwort zum einen der Blog-Artikel nun schon zu Ende und zum anderen geht es in diesem Artikel ja nicht darum, ob Dir eine Klinik helfen kann oder nicht. Ich möchte Dir mit diesem Text aufzeigen, welche grundlegende Eigenschaft Du benötigst, um Deine Essstörung zu besiegen, egal welchen Weg Du wählst.
Da jedoch wie bereits erwähnt, viele die unter einer Form der Essstörung leiden, über einen Klinikaufenthalt nachdenken, möchte ich nachfolgend eine etwas umfangreichere Antwort geben. Es gibt einige Punkte, die zu beachten sind, wenn es um die Frage geht, ob ein Klinikaufenthalt Sinn macht. Denn es gibt neben den Personen, die es durch die Klinik geschafft haben, ihre Essstörungen zu überwinden, auch Betroffene, die es nicht geschafft haben. Es gibt sogar Betroffene, die sogar mehrere Aufenthalte in einer Klinik hinter sich haben und die Essstörung gehört immer noch zu ihrem Leben. Doch was sind die Gründe für diese unterschiedlichen Ergebnisse? Warum hilft es den einen, den anderen aber nicht?
Die wichtigsten Faktoren bezogen auf eine Klinik sind aus meiner Sicht:
- Willst Du wirklich Deine Essstörung loswerden?
- Willst Du in eine Klinik, um Deine Essstörung loszuwerden?
- Passt das Konzept der Klinik zu Dir?
Was meine ich genau damit?
Ich werde nachfolgend zu jedem einzelnen Punkt eine kleine Beschreibung einfügen, damit Du besser nachvollziehen kannst, was ich meine.
Punkt 1: Willst Du Deine Essstörung wirklich loslassen?
Solltest Du Deine Essstörung nicht wirklich loswerden wollen, macht ein Klinik-Aufenthalt keinen Sinn. Ich weiß wahrscheinlich denkst Du jetzt „klar, will ich meine Essstörung loswerden“, doch so einfach ist es nicht. Im weiteren Verlauf dieses Artikels gehe ich noch auf Vorteile einer Essstörung ein und beleuchte Gründe, wieso Du vielleicht Deine Essstörung brauchst und sie vielleicht unbewusst doch nicht loswerden willst.
Dieser unbedingte Wille und die Bereitschaft, alles was dafür nötig ist zu tun, muss jedoch vorhanden sein, ohne diesen Willen ist jeder Versuch zum Scheitern verurteilt. Dies kann ich Dir aus meiner eigenen Erfahrung sagen und aus der Arbeit mit meinen Klientinnen.
Denn rückblickend kann ich Dir sagen, das ein Teil von mir die Essstörung viele Jahre nicht loslassen wollte. Nun im Rückblick weiß ich, dass ich die Essstörung lange gebraucht habe und erst begann, sie loszulassen, als ich es wirklich wollte.
Diesen Willen und diese Bereitschaft, die kann Dir auch niemand in der Klinik einsetzten. Daher steht dies an erster Stelle und ist egal welchen Weg Du gehst eine absolute Grundvoraussetzung. Solltest Du diesen Willen aktuell noch nicht haben, ist das vollkommen in Ordnung. Allerdings kannst Du Dir dann den Klinik-Aufenthalt „sparen“.
Hier wäre es vielleicht in einem ersten Schritt einmal wichtig zu erarbeiten, warum es sich lohnt, die Essstörung hinter Dir zu lassen.
Punkt 2: Willst Du in eine Klinik, um Deine Essstörung loszuwerden?
Wenn Du nicht zu 100 % von einem Klinik-Aufenthalt überzeugt bist und sagst: „Ich habe die Motivation, meine Essstörung hinter mir zu lassen und setze alles daran, was in der Klinik verlangt wird, konsequent um!“ Dann ist das Projekt von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Du kannst die Zeit in der Klinik nutzen, um das Thema Essen komplett abzugeben und Dich nur auf die Ursachen zu konzentrieren. Allerdings musst Du von dem Weg „Klinik-Aufenthalt“ überzeugt sein.
Das heißt, wenn Du nur aufgrund der Aussage Deines Arztes, Therapeuten, Deiner Eltern, Deines Freundes/Ehemannes oder einer sonstigen Person in eine Klinik gehst, obwohl Du unterbewusst weißt, dass es Dir nicht hilft und Du es nicht willst. Was glaubst Du wird passieren? Glaubst Du ernsthaft, dass Dir eine Klinik hilft, wenn Du unterbewusst schon weißt, das sie es nicht tut und Du es nicht willst?
Du wirst sehr wahrscheinlich keinen oder nur einen kurzzeitigen „Erfolg“ mit der Klinik haben. Denn eine andere Person weiß nicht, welcher Weg zu Dir passt und kann Dich auch zu einem Weg motivieren, der nicht zu Dir passt. Denn es ist Dein Leben.
Genauso, wenn Du denkst, dass Du in eine Klinik gehst, um aus Deinem Umfeld herauszukommen. Der Gedanke ist dann wahrscheinlich vordergründig, dass Du Dich um nichts mehr kümmern musst und mal “Deine Ruhe” hast. Die Essstörung zu überwinden wäre dann ein sehr schöner Nebenerfolg, aber kein Muss und hat somit nicht die 100%ige Priorität. Dies wird sehr wahrscheinlich nicht dazu führen, dass Du Deine Essstörung nachhaltig überwindest.
Punkt 3: Passt das Konzept der Klinik zu Dir?
Dies ist ein oftmals unterschätzter Punkt, jedoch aus meiner Sicht sehr wichtig. Denn das Konzept der Klinik sollte zu Dir passen. Hier solltest Du Dir, sobald Dein Entschluss feststeht, in eine Klinik zu gehen, unbedingt soviel Informationen wie möglich zusammensuchen.
Das heißt zum Beispiel, Du liest Dir auf den Internetseiten alles zu den Kliniken durch: Wie arbeitet diese Klinik? Welcher Ansatz wird verfolgt? Und so weiter. Du kannst auch im Internet nach Erfahrungsberichten zu der Klinik suchen. Ein weiterer Weg wäre, einfach mal in der Klinik anzurufen und alle Deine Fragen direkt zu stellen. Dies erfordert vielleicht sogar noch den Mut, Dich zu überwinden oder?
Was ich Dir sagen möchte, ist, Du solltest nicht irgendeine Klinik wählen, nur damit Du in einer Klinik bist. Was bringt es Dir, wenn diese gar nicht zu Dir passt? Dann war der Aufenthalt im Nachhinein vielleicht nicht erfolgreich und Du hättest lieber noch ein wenig gewartet. Denn ein zweiter Klinik-Aufenthalt muss dann ja auch erst einmal wieder genehmigt werden und dies dauert dann auch erst einmal wieder.
Solltest Du in einer lebensgefährlichen Situation sein, ist es natürlich egal, in welche Klinik Du kommst, aber ich denke, das ist selbstverständlich.
Was hilft mir, die Essstörung zu besiegen, wenn ich nicht in eine Klinik möchte?
Dann hast Du wie bereits am Anfang dieses Textes erwähnt, noch viele weitere Optionen, um Deine Essstörung erfolgreich zu besiegen.
Allerdings solltest Du Dir bei allen Wegen die zuvor genannten Fragen stellen. Denn auch ein Coaching, eine Selbsthilfegruppe oder ein Therapeut kann Dir nicht helfen, wenn Du nicht zu 100 % Deine Essstörung loswerden willst. Dies ist immer die Grundvoraussetzung, die absolute Basis. Danach folgen dann wie im vorherigen Beispiel die weiteren Fragen, ob Du den Weg nutzt, um aus Deinem Alltag zu fliehen und ob das angebotene Konzept zu Dir passt.
Das heißt konkret: Passt ein Coaching, eine Therapie oder Selbsthilfegruppe zu Dir? Passt die Herangehensweise des Coaches, Therapeuten oder der Selbsthilfegruppe zu Dir? Ist Dir Dein Coach, Therapeut sympathisch oder passen die Menschen aus der Gruppe zu Dir? Kannst Du Dich den Menschen in der Gruppe, Deinem Coach oder Therapeuten vertrauen und öffnen?
Ich weiß nicht, wie sehr Dir ein Coach oder Therapeut helfen kann, den Du nicht magst und wo Du das Gefühl hast, dass er Dich nicht versteht. Allerdings sind dies für mich Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dies ist zum Beispiel ein Grund, warum ich für mein Coaching ein Kenenlerngespräch anbiete. Dies dient unter anderem dazu, festzustellen, ob wir uns eine gemeinsame Arbeit überhaupt vorstellen können.
Allerdings ist immer der wichtigste Punkt Dein Wille und Deine Motivation. Ohne diese beiden Aspekte wird es niemals gehen, denn es ist, wie bereits mehrfach erwähnt, eine Grundvoraussetzung.
Warum solltest Du Deine Essstörung nicht besiegen wollen?
Dies ist eine wichtige Frage. Doch um darauf eine Antwort zu finden, ist es einfacher, die Frage umzudrehen und Dich stattdessen einmal zu fragen, was bringt mir meine Essstörung? Also was für einen Vorteil hat Deine Essstörung für Dich und warum brauchst Du sie?
Du sagst Dir jetzt vielleicht: „Ich will meine Essstörung loswerden, sie tut mir nicht gut und ich leide unter ihr. Was soll sie mir da schon bringen? Nichts.“ Daher kann es sein, dass diese Frage im ersten Moment vielleicht unlogisch wirkt oder komisch. Doch ich rate Dir einmal genauer hinzuschauen, Dir diese Frage wirklich ernsthaft zu stellen und ehrlich zu beantworten.
Denn eine Essstörung hat für uns immer irgendeinen Vorteil oder erfüllt eine bestimmte Aufgabe. Sie ist immer eine Schutzfunktion oder Überlebensstrategie. Das heißt nicht, dass sie mehr positive als negative Eigenschaften hat. Es gibt jedoch etwas an der Essstörung, wovon Du profitierst und dass diese Erkrankung einen Vorteil für Dich hat.
Wenn Du herausfindest, wie Dir die Essstörung hilft oder welchen Vorteil sie Dir bietet, kannst Du Dich auch besser verstehen. Es kann Dir helfen, Dich als weniger „komisch“ oder „unnormal“ wahrzunehmen. Zusätzlich kann es Deine Schuld- und Schamgefühle verringern, da es einen Grund für Dein Handeln gibt.
Außerdem kannst Du, sobald Du diese Erkenntnis hast, gesündere Strategien entwickeln, die Dir geben, was Du brauchst. Dadurch wird die Essstörung als Strategie irgendwann überflüssig.
Was können Vorteile einer Essstörung sein?
Früher war ich sehr darauf bedacht, wie es für alle anderen am besten ist. Ich wollte jedem gefallen und dafür machte ich es allen anderen Recht. Das führte dazu, dass ich mich irgendwann nicht mal mehr in Gedanken gefragt habe, wie ich etwas möchte. Zu dieser Zeit war ich gar nicht mehr bei mir, sondern nur bei anderen. Es ist natürlich logisch betrachtet gar nicht möglich, jedem zu gefallen, zumindest nicht ohne sich selbst zu verraten.
Doch das tat ich. Ich habe mich selbst während der Essstörung kaum noch gespürt. Dadurch, dass ich mich so oft zurückgestellt habe, habe ich mich selbst damit total verraten. Die Essstörung hat mir jedoch dabei geholfen, mit dieser Situation klar zu kommen. Falls Du Dich fragst, wie mir meine Essstörung geholfen hat, gebe ich Dir nachfolgend ein Beispiel aus meiner Zeit als Bulimikerin.
Ich weiß, es ist keine schöne Sache, sich zu übergeben. Doch es hat mir geholfen. Zum einen dieser Moment, wenn ich so vollgefressen war, sodass ich nichts mehr fühlen konnte. Dieser Moment war auf der einen Seite positiv, da ich erst mal nichts mehr fühlen musste auf der anderen Seite war der Druck im Magen teilweise sehr schmerzhaft. Allerdings konnte ich diesen Druck einfach loswerden. Es war dieser kleine Moment, in dem ich körperlich spürte, wie der Druck aus mir entwich, der mir das Gefühl gab, alles Schlechte loszulassen und mich von all den belastenden Sachen zu reinigen.
Doch mittlerweile kann ich Dir sagen, der bessere Weg sein Leben zu leben ist ohne die Essstörung.
Willst Du Deine Essstörung besiegen und die Vorteile loslassen?
Nun, wenn Du Deine Essstörung wirklich loswerden möchtest, dann musst Du natürlich auch bereit sein, die Vorteile, die Dir Deine Essstörung bietet, loszulassen. Hierfür ist es nötig, dass Du Dir gesunde Strategien erarbeitest, damit Du Deine Essstörung nicht mehr als Überlebensstrategie benötigst.
Ich gebe Dir noch ein weiteres Beispiel aus meiner früheren Zeit. Es war zum Beispiel so, dass ich einen extrem hohen Anspruch an mich selbst hatte und sehr perfektionistisch war. Dadurch hatte ich natürlich auch immer sehr viele Dinge zu erledigen.
Das heißt, ich habe extrem viel gelernt, im Haushalt geholfen und neben der Schule noch gearbeitet. Die Dinge habe ich auf eine Art und Weise natürlich freiwillig gemacht, aber auf der anderen Seite wollte ich auch Anerkennung für meinen Fleiß.
Doch teilweise frage ich mich noch heute, wie ich das alles geschafft alles unter einen Hut zu bringen. Denn es war ein ganz schönes Pensum, was ich abgeliefert habe.
Dennoch muss ich sagen, dass mir auch hier meine Essstörung auf eine gewisse Art und Weise geholfen hat. In der Zeit, in der ich zum Beispiel einen Essanfall hatte, da hatte ich eine Pause von all den Dingen, die ich sonst immer erledigt habe. Das war jedoch in meinen Augen nicht wirklich ich, sondern meine Essstörung. In die Essstörung konnte ich alles Negative schieben, um im Außen die „perfekte“ Fassade aufrecht zu erhalten.
Dies musste ich für meine Heilung natürlich loslassen und mein Leben komplett verändern, sodass ich diese Essanfälle nicht mehr benötigte.
Wie sieht mein Leben heute aus?
Mittlerweile kümmere ich mich, weniger darum, wie andere über mich denken. Dies alleine war ein großer Schritt zu mir selbst. Ich denke heute auch nicht mehr zuerst daran, wie es der andere gerne hätte, sondern wie ich es gerne hätte.
Das heißt natürlich nicht, dass ich heute total egoistisch durch die Welt laufe, dass alles exakt so laufen muss, wie ich es mir wünsche. Allerdings muss ich ja in einem ersten Schritt erst einmal für mich festlegen, wie ich es gerne hätte. Sobald ich das weiß, kann ich auch auf die Menschen in meinem Umfeld eingehen und wir können gemeinsam besprechen, was das Beste für alle sein könnte.
Ich versuche heute generell nicht mehr ein Leben zu führen, um es anderen Recht zu machen. Denn mittlerweile kenne ich meine Grenzen und akzeptiere diese auch. Das heißt, ich versuche einfach ein Leben zu leben, wie es mir entspricht.
Dadurch benötige ich heute keine Essstörung mehr in meinem Leben. Ich kenne meine Bedürfnisse, diese respektiere, akzeptiere und integriere ich in mein Leben.
Was fehlt Dir in Deinem Leben? Wieso brauchst Du Deine Essstörung? Welchen Vorteil hast Du durch Deine Essstörung? Diese Fragen können Dir helfen, Dich besser zu verstehen und im weiteren Verlauf gesündere Strategien aufzubauen.
Falls Du Unterstützung auf diesem Weg benötigst, wende Dich gerne an mich.
Liebe Grüße
Deine Janina
„Niemand ist vollkommen: Glück heißt, seine Grenzen kennen und sie lieben.“
Romain Rolland