Binge eating (Essstörung): Die unterschätzte Gefahr 

Kategorie: Essstörung

Datum: 21.06.2023

Die Binge Eating-Störung (Binge Eating Disorder) ist die häufigste Essstörung (bis zu 4 Prozent der gesamten Bevölkerung zwischen 20 und 30 Jahren sind betroffen). Bei Betroffenen, die unter Adipositas leiden, sind überdurchschnittlich viele Binge Eater (zwischen 15 Prozent und 30 Prozent betroffen).

Wusstest Du das?

Die häufigste Essstörung ist also nicht, wie häufig vermutet, Anorexia nervosa (Magersucht) oder Bulimia nervosa (Bulimie). Trotzdem ist Binge Eating erst seit 2013 als eigenständige Diagnose anerkannt und somit die Ursachen noch nicht sehr gut erforscht.

Bei dieser Form der Essstörung leiden die Betroffenen unter regelmäßigen Fressattacken. Das heißt, sie nehmen in kurzer Zeit große Nahrungsmengen zu sich (deutlich mehr als andere in dieser Zeit und unter diesen Umständen essen würden). Dabei haben sie das Gefühl, komplett die Kontrolle über ihr Essverhalten zu verlieren.

In dem heutigen Artikel möchte ich unter anderem auf die folgenden Fragen eingehen: Was ist Binge-Eating und was sind typische Symptome? Was sind die Unterschiede zur Bulimie?

Zusätzlich möchte ich darauf eingehen, wie Du eine Binge eating Störung erkennen kannst und wie Du es stoppen oder überwinden kannst. 

Leidest Du selbst unter Binge Eating, bist Dir unsicher oder möchtest Du Dich über das Thema informieren?  Dann kann Dir der Artikel sicherlich weiterhelfen. 

Was ist Binge-Eating?

Die typischen Symptome sind wiederkehrende und regelmäßige Essanfälle. Während dieser Essattacken essen Betroffene in kurzer Zeit große Mengen von Lebensmitteln, wie in einem Rausch. Das heißt, sie verlieren teilweise vollkommen die Kontrolle über das, was und wie viel sie essen. Dies kann so weit gehen, dass sie sich teilweise nach dem Essanfall nicht an das erinnern können, was sie gegessen haben. Solltest Du so etwas bei Dir beobachtet haben, solltest Du es nicht auf die leichte Schulter nehmen und Dir Hilfe suchen. Denn es kann sein, dass Du unter einer Form der Essstörung und somit eine ernst zu nehmende Krankheit hast.

Ein weiteres Merkmal und eine Abgrenzung zur Bulimie ist, dass nach diesen Essattacken keine kompensierenden Maßnahmen unternommen werden. Falls Du Dich fragst, was kompensierende Maßnahmen wären, das wäre zum Beispiel: Erbrechen, eine extrem lange Sporteinheit, die Einnahme von Abführmittel oder Entwässerungsmitteln.

Da es zu keiner Kompensation kommt, sind Betroffene häufig übergewichtig oder sogar fettleibig. Das Essen und Übergewicht sind in diesem Fall jedoch Symptome, die ursächliche Krankheit ist eine psychische. Allerdings ist das Gewicht kein Kriterium, da Übergewicht nicht immer vorkommt und es auch Normal gewichtige gibt, die unter Binge-Eating-Störung leiden.

Leidest Du an Binge-Eating? So kannst Du es erkennen.

Für die Diagnostik einer Binge-Eating Störung gelten als wesentliches Kriterium die regelmäßigen Essattacken. Hierbei wird von regelmäßig gesprochen, wenn diese über einen Zeitraum von drei Monaten hinweg durchschnittlich einmal pro Woche auftreten. Mit einer Essattacke ist gemeint, dass eine Menge an Nahrungsmitteln in sehr kurzer Zeit konsumiert wird. Zusätzlich begleitet das Essen meist ein Gefühl von Kontrollverlust. Mit dem Kontrollverlust ist gemeint, dass die betroffene Art und Menge des Essens nicht mehr steuern können.

Sofern mindestens drei der folgenden Symptome die Fressattacke begleiten, gilt die Diagnose als gesichert:

  • Du isst schneller als gewöhnlich
  • Bis zu einem unangenehmen Völlegefühl essen
  • Ohne Hungergefühl zu essen
  • Aus Scham über die Essensmenge isoliert essen
  • Schuldgefühle und Ekel über sich selbst nach Essanfällen

Wenn Du unter den Zahlen liegst, heißt das nicht, dass Du kein Problem mit dem Essen hast. Darüber hinaus gibt es weitere Verhaltensweisen, die oftmals bei Betroffenen vorkommen. Hierzu zählen zum Beispiel: schnelles Essen und solange zu essen, bis ein unangenehmes Völlegefühl auftritt. Außerdem vermeiden es viele Betroffene, aus Scham vor anderen zu essen. Im Verlauf dieser Krankheit ziehen sich Betroffene sozial häufig immer weiter zurück, da es nach den Fressattacken oft zu starken Scham- und Schuldgefühlen kommt.

 

Nachfolgend gebe ich Dir noch einen kurzen, übersichtlichen Überblick über weitere Anzeichen:

  • Schnelles Essen.
  • Essen ohne Hungergefühl.
  • Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl.
  • Scham- und Schuldgefühle nach Fressanfällen.
  • Nicht vor anderen essen.
  • Sozialer Rückzug.
  • Unkontrollierte Fressattacken.
  • Gedanken drehen sich die meiste Zeit ums Essen.
  • Keine Kontrolle über das Essen.
  • Das „normale Leben“ wird um die Essanfälle herum organisiert.
  • Magenprobleme und Verdauungsprobleme
  • 90 Prozent der Betroffenen leiden an Übergewicht oder Adipositas

Falls Du Dich fragst: „Habe ich Binge-Eating?“ Dann schau Dir die zuvor genannten Beispiele an und hinterfrage Dich, ob Du Dich in diesen wieder findest.

Falls Du Dich nicht in allen Punkten wieder findest, leidest Du vielleicht unter einer Mischform oder einer atypischen Essstörung, die gibt es ähnlich wie die atypische Anorexie bei jeder anderen Form auch. Daher rate ich Dir im Zweifel, mit einer anderen Person über Deine Sorgen zu sprechen. Hierfür kannst Du auch zu einer Beratungsstelle gehen. Dadurch bekommst Du noch einmal Feedback von einer Person mit einem anderen Blickwinkel. Dafür kannst Du Dich auch gerne an mich wenden.

Wie entsteht die Binge-Eating-Störung? 

Die genauen Ursachen dieser noch relativ jungen Diagnose sind nicht vollständig bekannt. Allerdings wird nach jetzigem Stand angenommen, dass die Krankheit durch eine Kombination aus biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren entsteht. Es sind also ähnlich wie Ursachen einer anderen Essstörung.

Nachfolgend, führe ich einige der möglichen Auslöser auf:

  • Emotionale Probleme wie Stress, Angst, Trauer oder Wut.
  • Genetische Veranlagung.
  • Fehlregulation bestimmter Gehirnchemikalien, die für die Regulation von Stimmung, Appetit und Belohnung verantwortlich sind.
  • Frühere Diäten oder Essstörungen.
  • Ein zu geringes Selbstwertgefühl.
  • Vernachlässigung in der Kindheit.
  • Sozialer Druck, wie z.B. unerreichbare Schönheitsstandards oder negative Kommentare über das Gewicht.
  • Mangelnde Elternschaft, emotionale Vernachlässigung oder Missbrauch in der Kindheit.

Da die Krankheit aus einer Mischung von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren entsteht, gibt es auch nicht die eine Ursache. Außerdem ist es so, dass verschiedene Menschen auf dieselben Faktoren meistens ganz unterschiedlich reagieren. Daher erfordert eine Behandlung immer eine individuelle Herangehensweise, um auf die spezifischen Bedürfnisse des betroffenen Menschen einzugehen.

Was sind Auslöser für einen Essanfall?

Hier möchte ich konkreter auf die Frage eingehen: „Was löst Fressanfälle aus?“

Denn normalerweise ist das Essen ja eine physiologische Notwendigkeit. Dein Körper wird durch die Nährstoffe aus Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett mit lebenswichtigen Substanzen versorgt. Somit liefert die Nahrung im Idealfall dem Körper Energie und hält ihn gesund. Bei Fressanfällen wird jedoch nicht gegessen, um den Körper mit Energie zu versorgen, sondern aus emotionalen Gründen. Somit wird bei einem Essanfall nicht aufgrund von Hunger gegessen, zumindest nicht aufgrund von körperlichem Hunger. Doch warum wird dann gegessen? Es wird vielmehr aufgrund von emotionalem Hunger gegessen. Dieser emotionale Hunger kann natürlich nicht durch Nahrungsmittel befriedigt werden.

Der emotionale Hunger entsteht oftmals aufgrund von Stress, Frust, Langeweile oder Leere. Außerdem werden Fressattacken häufig genutzt, um starke Gefühle wie Angst, Wut, Trauer oder Aufregung zu betäuben. Dabei muss es nicht nur aufgrund von „negativen Emotionen“  zu einem Essanfall kommen, denn dieser kann genauso gut erfolgen, wenn man glücklich ist. Zusätzlich ist es so, dass sie nicht bei allen Betroffenen spontan auftreten, denn einige planen sie extra ein, in ihren Tagesablauf. Warum sollte dies jemand planen? Dies geschieht oftmals, weil Betroffene ihre Emotionen betäuben oder unangenehme Gefühle betäuben wollen. Damit es vielleicht klarer wird, wenn jemand nicht gut alleine sein kann, kauft er für das „große Fressen“ alleine vorm Fernseher nach einem anstrengenden Arbeitstag oder am Wochenende nach einer anstrengenden Woche ein.

Wie ist der Verlauf?

Der Verlauf bei einer Binge-Eating-Störung ist sehr wechselhaft. Das heißt, viele Betroffene haben über Monate hinweg keine Symptome. Hierauf folgen dann oftmals Phasen, in der die Essstörung wieder sehr stark ausgeprägt ist. Dies ist oftmals für die Betroffenen tückisch. Das bedeutet, dass es für Betroffene durch diesen wechselhaften Verlauf oftmals schwierig ist, sich selbst einzugestehen, dass sie ein Problem haben und Hilfe benötigen.

Ich habe schon so häufig Nachrichten bekommen, dass es gerade so schlecht ist und sie unbedingt meine Hilfe benötigen, jedoch hieß es dann kurze Zeit später: „Aktuell habe ich es gut im Griff, ich glaube, ich schaffe das alleine.“  Nach dieser Nachricht höre ich dann längere Zeit nicht und irgendwann kommt eine neue Nachricht, in der dann wieder ähnliche Probleme wie in der ersten Nachricht beschrieben werden.

In den Zeiten zwischen den Essanfällen ist das Essverhalten oftmals sehr wechselhaft. Das bedeutet, dass in diesen Zeiten die Betroffenen ihre Nahrungsaufnahme durch das Tracken der Kalorien versuchen zu kontrollieren oder eine Diät anfangen. Ich würde sagen, sie versuchen an den Symptomen herumzudoktern, ohne die wahren Probleme zu beseitigen. Allerdings ist es hier wie beim Unkraut, solange Du nur die sichtbaren Blätter abschneidest und nicht die Wurzeln herausreißt, wächst es immer wieder nach. So verwundert es nicht, dass trotz der Maßnahmen zwischen den Essanfällen wie Diäten oder Kalorienzählen das emotionale Essen im Verlauf der Erkrankung häufig zur Gewichtszunahme führt. 

Da Personen mit einer Binge-Eating-Störung sich sehr für Ihre Essanfälle schämen oder sich teilweise vor sich selbst ekeln, versuchen sie die Fressattacken natürlich geheim zu halten. Dies hat im weiteren Verlauf oftmals zur Ursache, dass sie sich immer weiter zurückziehen und das soziale Leben quasi nicht mehr stattfindet. Darüber hinaus treten mit der Zeit oftmals finanzielle Probleme auf, da die riesigen Nahrungsmengen, die für Essanfälle gekauft werden, irgendwie bezahlt werden müssen.

Was sind die Folgen?

Bei sehr schweren Fällen kann die Krankheit tödlich enden. Die Gefahr ist nicht so hoch wie bei einer Magersucht, jedoch kann diese Krankheit durchaus tödlich enden.

Darüber hinaus sind Betroffene aufgrund ihres Übergewichts anfälliger für Herz-Kreislauf-Krankheiten und Gelenkprobleme. Oftmals treten zum Binge-Eating zusätzlich weitere psychische Erkrankungen auf, wie Angststörungen oder Depressionen. Diese können durch die Essstörung verschlimmert werden und andersrum. Später im Leben kann es bei Betroffenen zu Dick- und Enddarmkrebs kommen.

Nachfolgend noch eine kleine Übersicht der Folgen, die Du vielleicht auf den ersten Blick nicht mit der Erkrankung in Verbindung bringen würdest:

  • Finanzielle Probleme.
  • Schlafprobleme.
  • Stress.
  • Diabetes.
  • Probleme mit dem familiären Umfeld oder Freunden.

Hast Du schon einige dieser Folgen bei Dir festgestellt? Dann suche Dir unbedingt Unterstützung.

Wie kann ich Binge-Eating stoppen?

Hier ist, wie bei den meisten Erkrankungen, dass je früher sie erkannt und behandelt werden, desto größer sind die Chancen auf Heilung.

Welchen der vielen Weg Du zur Heilung gehen möchtest, musst Du für Dich persönlich entscheiden. Du kannst zum Beispiel eine Psychotherapie, beispielsweise eine Verhaltenstherapie in Anspruch nehmen, in eine Klinik gehen, zur Gruppentherapie gehen, Dich für eine Selbsthilfegruppe oder ein Coaching anmelden.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung ist es, die Auslöser für Deine Fressanfälle herauszufinden. Denn wenn Du den Auslöser (Trigger) herausfindest, kann Dir dies dabei helfen, Dein Essverhalten zu normalisieren. Darüber hinaus hilft es den meisten Patienten, wenn sie versuchen, zwischenmenschlichen Stress zu reduzieren. 

Es ist also nötig, an sich selbst zu arbeiten, um sein Problem mit dem Essen zu lösen. Damit sollte auch Deine Frage beantworten sein, ob ein Ernährungsplan beim Binge-Eating hilft. Ich würde mal sagen, dass Du mit einem Ernährungsplan nicht Deine emotionalen Probleme löst. Also wird ein Ernährungsplan alleine nicht Deine Essstörung heilen. Dies schließt nicht aus, zusätzlich einen Ernährungsplan in einer Behandlung zu erarbeiten, wenn es Dir helfen sollte. Allerdings wird Dir die Arbeit alleine an der Ernährung Dir nicht helfen.

Du kannst das Loch in Deinem Herzen oder Deiner Seele nicht mit Essen stopfen.  Hierfür ist es wichtig, Dich kennenzulernen, Deine Bedürfnisse wahrzunehmen und lernen diese zu äußern. Weiterhin ist es wichtig, zu lernen, mit negativen Gefühlen umzugehen und Konflikte lösen zu können.

Denn merke Dir, Dein Inneres spiegelt sich im Äußeren wider.

Falls Du Unterstützung dabei brauchst, Dein inneres Gleichgewicht wiederherzustellen, dann darfst Du Dich gerne unverbindlich bei mir melden.

Ich wünsche Dir alles Liebe.

Deine Janina

„Was vorstellbar ist, ist auch machbar.“

Albert Einstein

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