Weihnachten mit Essstörung: Meine persönlichen Erfahrungen & Tipps für die Feiertage

Kategorie: Selbstfürsorge

Datum: 11.12.2024

Fühlst Du Dich überfordert, wenn Du an die kommenden Weihnachtstage denkst? Damit bist Du nicht allein. Die Feiertage mit ihren vielen Familientreffen, dem üppigen Essen und den veränderten Routinen können für Menschen mit Essstörungen besonders herausfordernd sein. Vielleicht merkst Du jetzt schon, wie sich das auf Deinen Alltag auswirkt. Vielleicht fühlst Du Dich gestresster oder Dein Schlaf ist schlechter? Oder es stresst Dich auch schon der Gedanke an all die Situationen, die auf Dich zukommen.

Während andere sich auf Plätzchen backen und Familienfeste freuen, ist es bei Dir das Gegenteil. Du überlegst, wie Du das Familienessen überstehen sollst. Und wie Du mit den nervigen Kommentaren umgehen sollst. Wahrscheinlich rauben Dir diese Gedanken jetzt schon die Vorfreude auf die Feiertage. Dabei fragst Du Dich, wie Du die nächsten Wochen mit weniger Druck und Anspannung erleben könntest.

In diesem Artikel teile ich mit Dir meine eigenen Erfahrungen mit Weihnachten – sowohl aus der Zeit meiner Essstörung als auch von heute. Du lernst konkrete Strategien, wie Du gut durch die Feiertage kommst. Zudem lernst Du, wie Du trotz aller Herausforderungen schöne Momente finden kannst.

Auch wenn die Sorgen gerade sehr präsent sind, hast Du bereits den wichtigsten Schritt gemacht. Du hast Dir mit diesem Artikel Unterstützung gesucht. Mit den richtigen Strategien kannst Du lernen, kleine, realistische Schritte zu gehen. Diese geben Dir dann mehr Sicherheit.

Meine Erfahrung mit den Feiertagen

Als ich noch in der Essstörung war, begann der Stress für mich schon am 22. Dezember – dem Geburtstag meiner Mutter. Wie bei vielen Familienfeiern kam abends die ganze Familie zusammen. Es gab Kuchen, Chips, Süßigkeiten, Dips und Getränke. Doch alles, was zu so einer schönen Feier dazugehört, war für mich damals mit großer Anspannung verbunden. Ich zählte alles, was ich aß, im Kopf zusammen und plante schon, wie ich das später ausgleichen oder loswerden würde.

Nach dem Geburtstag meiner Mutter ging es Schlag auf Schlag. Dann standen nämlich Heiligabend, die Weihnachtsfeiertage, weitere Geburtstage und Silvester an. Dazwischen die ganzen Familientreffen, Weihnachtsmärkte und Feiern. Diese Zeit war für mich wie ein einziger Marathon – geprägt von Stress, Kontrolle und ständiger Sorge ums Essen.

Besonders die Weihnachtsmärkte waren eine große Herausforderung. Nach außen hin wollte ich zeigen, dass ich alles essen kann. Niemand sollte merken, dass ich mich später übergeben würde. Während ich nach außen lächelte und die Leckereien auf dem Weihnachtsmarkt aß, kreisten meine Gedanken nur darum, wo ich mich später ungestört erbrechen kann. 

Dazu kam die permanente Anstrengung durch die vielen sozialen Kontakte. Als introvertierter Mensch brauchte ich eigentlich Ruhe und Zeit für mich. Stattdessen war ich ständig von Menschen umgeben. Zudem verbrachte ich jede Minute damit, mein Essverhalten zu verstecken. Die Lautstärke, die vielen Gespräche, die permanente Anwesenheit anderer Menschen – all das war einfach „too much“, wie man heute sagen würde. 

Vielleicht kennst Du diese Gefühle auch? Dieses Hin- und hergerissen sein. Zum Beispiel den Wunsch, die Zeit mit der Familie zu genießen und gleichzeitig überfordert durch die Situationen rund ums Essen? Das permanente „Funktionieren-Müssen“ oder „So-tun-als-ob-alles-normal-wäre“, während in Dir ein Sturm tobt?

Typische Herausforderungen der Weihnachtszeit

Weihnachten Essstörung

Nachfolgend findest Du die größten Herausforderungen durch Weihnachten. Diese Punkte kenne ich von mir selbst und aus meiner Arbeit als Coach.

Der veränderte Tagesablauf ist oft die erste große Hürde. Statt Deines gewohnten Frühstücks um 7 Uhr gibt es plötzlich erst um 10 Uhr ein großes Familienfrühstück. Zusätzlich fällt dann Dein täglicher Spaziergang aus, weil die Familie zusammensitzt. Der Nachmittag, den Du sonst zum Ausruhen nutzt, ist gefüllt mit Besuchen. Vielleicht übernachten auch noch Verwandte bei Dir oder Du bei ihnen. All diese Veränderungen können sehr verunsichernd sein.

Dazu kommen dann noch die Ängste rund ums Essen. Die Sorge, die Kontrolle zu verlieren oder zu viel zu essen. Das schlechte Gewissen, wenn Du Dich überessen hast. Vielleicht hast Du auch Angst vor bestimmten „verbotenen Lebensmitteln“, die es nur zu Weihnachten gibt. Oder Du machst Dir Sorgen, wie Du mit den vielen verschiedenen Gerichten und den großen Portionen umgehen sollst.

Zudem können an diesem Tag nervige Kommentare kommen. „Du siehst aber dünn aus – iss doch mal ordentlich!“, oder „Na, wieder auf Diät?“ – solche Kommentare können wie Nadelstiche sein. Zudem kommt noch die Anspannung, wenn alle zusammen am Tisch sitzen. Das Gefühl, beobachtet zu werden. Oft fühlt man sich dann einsam, auch wenn die Familie direkt neben einem sitzt. Denn sie verstehen nicht, welchen Kampf Du innerlich austrägst.

Kennst Du diese Herausforderungen? Welche davon belasten Dich am meisten? Im nächsten Abschnitt zeige ich Dir, wie ich gelernt habe, besser damit umzugehen und gebe Dir Strategien mit. 

Lernen auf sich selbst zu hören

Heute weiß ich: Es ist okay, nicht bei jedem Familienessen dabei zu sein. Es ist okay, auch mal eine Einladung abzulehnen. Dieser Gedanke war für mich anfangs unvorstellbar. Denn ich dachte, ich würde meine Familie enttäuschen oder sie würden mich nicht verstehen, wenn ich nicht zu allem Ja sage.

Inzwischen setze ich klare Grenzen – auch an Weihnachten. Ein Beispiel von früher: Als mein Freund und ich noch in Bremen wohnten, waren wir zu den Feiertagen oft im Auto unterwegs. Erst zu seiner Familie, dann zu meiner. Irgendwann haben wir gemerkt: Das ist zu viel. Wir waren erschöpft und wollten wenigstens einen Morgen in Ruhe frühstücken und spazieren gehen. Also haben wir der Familie gesagt, dass wir einen Tag für uns brauchen.

Als die Familie vorschlug, an Weihnachten gemeinsam zu brunchen, haben wir dankend abgelehnt. Der Grund? Nach einer späten Ankunft am Vorabend plus zwei Stunden Autofahrt wäre das einfach zu stressig gewesen.

Vielleicht denkst Du jetzt: „Das klingt egoistisch.“ Aber ich habe gelernt: Die anderen können nicht wissen, wie es mir geht, wenn ich es nicht kommuniziere. Niemand kann Gedanken lesen. Es liegt an mir – und auch an Dir – klar zu sagen, was wir brauchen.

Denn nur wenn Du auf Deine Bedürfnisse hörst und sie auch mitteilst, kannst Du die Feiertage wirklich genießen. Das bedeutet nicht, dass Du bei allem „Nein“ sagen musst. Es geht darum, einen Ausgleich zu finden zwischen Zeit mit der Familie und Zeit für Dich selbst.

Praktische Tipps für die Feiertage

Ein großer Fehler, den ich früher gemacht habe, war, dass ich vor Weihnachten weniger gegessen habe. Der Grund war, dass ich für die Feiertage „sparen“ wollte. Das Ergebnis? Heißhunger und Essanfälle. Nun ist mir schon lange klar, dass in der Vorweihnachtszeit regelmäßiges Essen wichtig ist. Nur so vermeidest Du diese übermäßigen Hungerattacken an den Feiertagen.

Was mir auch sehr geholfen hat, war, dass ich angefangen habe, selbst etwas zum Essen beizusteuern. Das gibt Dir Sicherheit, weil Du weißt, dass es mindestens eine Sache gibt, die Du essen kannst. Frag doch einfach, ob Du einen Salat oder eine Beilage mitbringen darfst. Das nimmt Dir etwas von der Anspannung und gibt Dir mehr Kontrolle über die Situation.

An den Feiertagen selbst sind kleine Auszeiten Gold wert. Bei mir sieht das zum Beispiel so aus: Ich stehe morgens etwas früher auf, um in Ruhe zu meditieren oder zu journalen. Manchmal gehe ich auch einfach eine Runde um den Block, wenn mir alles zu viel wird. Diese kleinen Pausen helfen mir, zu mir selbst zurückzufinden.

Fünf konkrete Ideen für Deine Auszeiten:

  • Journaling: „Heute fühle ich mich …, weil …“
  • Meditation: 5 Minuten geführt oder nur mit Musik
  • 4-7-8 Atemübung: 4 Sekunden einatmen, 7 halten, 8 ausatmen
  • Yoga-Routine: Kann ein guter Ausgleich sein, z. B. 5 Minuten Schulter-Nacken-Stretch
  • 15-Minuten-Spaziergang: Eine feste Runde, die Du kennst

Such Dir eine dieser Auszeiten aus und plane sie fest in Deinen Tag ein – am besten direkt morgens, bevor der Trubel losgeht.

Umgang mit schwierigen Momenten

Diese Auszeiten sind besonders wertvoll, wenn schwierige Momente auftreten. Und auch mit der besten Vorbereitung können solche Situationen entstehen. Vielleicht kommt ein verletzender Kommentar von Deiner Tante, die Dich fragt, ob Du wieder auf Diät bist. Oder Deine Oma, die nicht versteht, warum Du nicht noch einen Nachschlag nimmst. Solche Momente können sehr belastend sein.

Was mir in solchen Situationen hilft: Ich erlaube mir, den Raum kurz zu verlassen. Manchmal sage ich einfach „Ich brauche kurz frische Luft“ oder „Ich muss mal telefonieren“. Diese kleinen Auszeiten geben Dir die Chance, Dich zu sammeln und durchzuatmen.

Wenn ein Tag nicht gut gelaufen ist oder Du Dich überessen hast, ist es wichtig, nicht in 

Selbstvorwürfe zu verfallen. Stattdessen kannst Du:

  • Ein heißes Bad mit Deinem Lieblingsduft nehmen
  • Die Serie schauen, bei der Du garantiert lachen musst
  • Dein aktuelles Lieblingshörbuch hören
  • Deine Lieblingsmusik hören
  • Oder einfach früh schlafen gehen und den Tag beenden

Ein schwieriger Moment definiert nicht Deinen ganzen Tag. Und ein schwieriger Tag, nicht die ganzen Feiertage. Der nächste Moment kann schon wieder anders aussehen.

Sprich mit einer Person, die Dich versteht – oder schreib Dir die Situation von der Seele. Oft hilft es schon, die eigenen Gefühle in Worte zu fassen.

Fazit: Eine neue Perspektive auf Weihnachten

Aus meiner Erfahrung kann ich Dir sagen, dass Weihnachten nicht nur Stress bedeuten muss. Ich habe über die Jahre gelernt, anders damit umzugehen.

Der wichtigste erste Schritt ist es, Deine Bedürfnisse ernst zu nehmen. Das bedeutet, klar zu kommunizieren. Zum Beispiel: „Ich brauche eine Pause“ oder „Nein danke, ich möchte nicht noch einen Nachschlag“. Diese einfachen Sätze können der Beginn einer großen Veränderung sein.

Such Dir einen konkreten Tipp aus diesem Artikel, der Dich anspricht. Zum Beispiel den Morgenspaziergang oder das Mitbringen einer eigenen Beilage. Probiere es diese Weihnachten aus. Ein entspannter Umgang mit den Feiertagen beginnt mit kleinen Schritten.

Ich wünsche Dir von Herzen schöne und möglichst entspannte Feiertage.

Liebe Grüße, Deine Janina.

„Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt“

Laozi (chinesischer Philosoph, 6. Jahrhundert v. Chr.)

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