Kennst Du das Gefühl, wenn Essen nicht mehr Genuss ist, sondern zu Deinem größten Feind wird? Wenn jeder Blick in den Spiegel von Selbstzweifeln begleitet wird und Du Dich fragst, ob Du jemals wieder frei sein wirst? Diese Erfahrung teilen viele Frauen. Doch die wenigsten sprechen offen darüber.
Zwölf Jahre lang war ich gefangen in einem Kreislauf aus Magersucht und Bulimie. Zwölf Jahre, in denen Essen mein Leben kontrollierte, nicht umgekehrt. Ich kenne die Scham, die Isolation und die Verzweiflung, die mit einer Essstörung einhergehen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Familie und Freunde nicht verstehen, warum Du nicht einfach „normal“ essen kannst.
Aber ich weiß auch, wie es sich anfühlt, frei zu sein. Ich teile mit Dir aus meiner persönlichen Erfahrung die wichtigsten Erkenntnisse von der Essstörung zur Heilung. Ich erkläre Dir, was Essstörungen wirklich sind und welche Ursachen dahinterstecken. Doch am wichtigsten ist, wie Du den ersten Schritt in Deine Freiheit machen kannst. Denn Heilung ist möglich, auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt.
Die Vielfalt von Essstörungen verstehen
Wenn Menschen das Wort „Essstörung“ hören, denken viele automatisch an untergewichtige Personen. Doch das ist ein gefährlicher Trugschluss. Ich weiß das, weil ich zwölf Jahre meines Lebens mit diesem Mythos gelebt habe. Du kannst Essstörungen nicht am Körper erkennen, und das macht sie so heimtückisch.
Ich erinnere mich an die Zeit, als ich morgens in den Spiegel schaute und eine andere Person sah als alle anderen. Während mein Umfeld dachte, ich sei einfach nur „gesundheitsbewusst“, tobte in mir ein Krieg. Essstörungen sind ernsthafte psychische Erkrankungen, bei denen das Selbstwertgefühl vollständig von Aussehen und Gewicht abhängt.
Es gibt drei Hauptformen und ich kenne alle drei davon aus eigenem Erleben. Da war die Zeit, als ich jeden Bissen kontrollierte (Anorexie). Dann die Phase der heimlichen Essanfälle (Binge-Eating) und später habe ich mich nach den Essanfällen erbrochen (Bulimie).
Warum niemand meine Bulimie erkannte
Menschen mit Bulimie haben oft ein normales Gewicht. Viele nehmen sogar im ersten Schritt ab, wenn die Essanfälle aufhören. Das habe ich bei mir selbst, aber auch schon bei einigen Klientinnen erlebt. Damals funktionierte ich äußerlich einfach nur. Ich ging zur Schule, später zur Arbeit, lächelte auf Familienfeiern. Von außen schien alles normal, niemand ahnte den inneren Kampf.
Diese zwölf Jahre lehrten mich, dass eine Essstörung niemals nur ein gestörtes Essverhalten ist. Das Essen wird zum Symptom für tieferliegende Probleme. Für mich war es ein verzweifelter Versuch der Kontrolle. Wenn Du Dich in meinen Worten wiedererkennst, kann ich Dir sagen, dass Du nicht alleine bist.
Die wahren Ursachen hinter der Essstörung
Viele Menschen denken, Essstörungen entstehen, weil jemand einfach abnehmen möchte. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Die Ursachen sind vielschichtig und können eine Kombination verschiedener Faktoren sein. Es muss nicht ein bestimmtes Ereignis gewesen sein. Oft sind es viele kleine und große Punkte.
Hat jemand in der Familie eine Essstörung? Dann kann es auch eher jemand weiteren treffen. Denn die Genetik kann eine Rolle spielen. Oder man wird in der Erziehung unbewusst beeinflusst.
Dann gibt es psychologische Faktoren. Bei mir begann alles mit einer „harmlosen Diät“, um meinen Körper etwas zu optimieren. Doch schnell wurde es zu etwas anderem. Während andere aßen, lehnte ich Essen ab. Dieses Gefühl, so diszipliniert zu sein, machte mich glücklich. Innerlich fühlte ich mich den anderen überlegen. Dieser Perfektionismus und das Bedürfnis nach Kontrolle waren meine Risikofaktoren. Perfektionismus und das Bedürfnis nach Kontrolle hatten wohl bisher fast alle meine Klientinnen.
Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen können das Risiko erhöhen. Manchmal folgt aus einer Essstörung eine Depression. Oftmals ist es aber auch andersrum.
Das Essen war für mich nie das eigentliche Problem. Es war mein Versuch, Kontrolle zu bekommen, wenn sich alles andere chaotisch anfühlte. Das Essen wurde zu meinem Bewältigungsmechanismus. Doch irgendwann kontrollierte es mich statt umgekehrt.
Wenn Du das Gefühl hast, den Ursachen Deiner Essstörung noch nicht auf den Grund gekommen zu sein, ist es wichtig, individuell zu schauen. Was könnte bei Dir eine Rolle gespielt haben?
Risikofaktoren erkennen und verstehen
Wer kann von einer Essstörung betroffen sein? Frauen sind häufiger betroffen als Männer, aber das bedeutet nicht, dass Männer verschont bleiben. Der gesellschaftliche Druck bezüglich des Aussehens betrifft beide Geschlechter.
Essstörungen können in verschiedenen Lebensphasen auftreten. Jedoch entstehen sie häufiger im jungen Erwachsenenalter. So war es auch bei mir, ich war noch jung, als alles begann. In dieser Zeit ist man besonders verletzlich für äußere Einflüsse und Selbstzweifel.
Bestimmte Berufe oder Sportarten können das Risiko erhöhen. Überall dort, wo ein besonderes Augenmerk auf Gewicht oder Aussehen liegt. Denk an Ballett, Modeln oder bestimmte andere Sportarten. Dort herrscht oft ein enormer Druck, der eine Essstörung begünstigen kann.
Das größte Missverständnis? Essstörungen sind keine Verhaltensentscheidung. Sie sind eine ernsthafte psychische Erkrankung. Man kann sich nicht einfach dazu entscheiden, wieder „normal“ zu essen. Magersucht ist sogar die tödlichste psychische Erkrankung.
Deshalb ist es so wichtig, diese Mythen aufzuräumen und Bewusstsein zu schaffen.
Die verheerenden Auswirkungen auf Körper und Psyche
Die Folgen einer Essstörung sind schlimmer, als viele glauben. Ich hab mir da früher auch nie Gedanken darüber gemacht. Doch längeres Untergewicht und Mangelernährung können zu Muskelschwäche und Osteoporose führen. Zudem wird Dein Immunsystem geschwächt. Generell haben Menschen mit Essstörungen oft Verdauungsprobleme. Das ist logisch, weil sich das Ganze auf den Magen-Darm-Trakt auswirkt.
Zudem kommen oft Herz-Kreislauf-Probleme hinzu, aber auch hormonelle Ungleichgewichte. Es kann sein, dass die Menstruation ausbleibt oder der Blutdruck zu niedrig ist. Schwindel wird dann oft zum ständigen Begleiter.
Bei der Bulimie entstehen durch das wiederholte Erbrechen oft Elektrolytstörungen. Das kann zu ernsthaften Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen oder Nierenproblemen führen.
Mein Weg in die Einsamkeit
Die psychischen Auswirkungen waren für mich fast noch schlimmer. Denn meine Ängste wuchsen immer weiter. Dazu kamen dann noch Konzentrationsprobleme und Gedächtnisstörungen. Ich isolierte mich sozial, mein Selbstwertgefühl sank immer weiter. Bei mir war es so, dass ich weniger Lust hatte, etwas zu unternehmen. Das wirkte sich auf meine Beziehungen aus, auf meine Arbeitsleistung, auf Alltagsaktivitäten. Meine Lebensqualität war überhaupt nicht mehr vorhanden, weil ich mich so sehr zurückziehen musste.
Du darfst diese Auswirkungen nicht unterschätzen. Sie betreffen jeden Bereich Deines Lebens und machen ein normales Leben unmöglich.
Professionelle Hilfe annehmen
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, ob das alles auf Dich zutrifft, und Du möchtest das gar nicht mehr. Ich kann Dich da sehr gut verstehen, dass Du auch Angst hast, diesen Schritt zu gehen. Aber es ist super wichtig, sich im Genesungsprozess Hilfe zu holen.
Es gibt so viele Möglichkeiten, Dir professionelle Hilfe zu holen. Du kannst nach einer Therapie suchen, nach einem Coaching oder in die Klinik gehen. Dann kannst Du noch unterscheiden, ob Tagesklinik oder komplett stationärer Aufenthalt. Du kannst eine ambulante Therapie machen, zur Gruppentherapie gehen oder Ernährungstherapie machen. Du kannst alles miteinander kombinieren. Zudem gibt es Selbsthilfegruppen.
Schau für Dich, was für Dich funktioniert. Schau nicht darauf, was andere gemacht haben, sondern hör in Dich hinein, was Du gerade gebrauchen könntest. Ist es jetzt die Therapie oder das Coaching? Vielleicht ist es beides: Coaching und Therapie? Oder erst Klinik und danach Coaching, Therapie oder Selbsthilfegruppe? Such Dir die Leute raus, von denen Du denkst, dass sie Dir auf Deinem Weg helfen können.
Meine persönlichen Investitionen
Ich habe damals alles mitgenommen, was ich machen wollte und konnte. Ich habe verschiedene Workshops gemacht, ein Coaching gemacht, Therapie gemacht und Gruppentherapie gemacht. Ich war bei der Heilpraktikerin. Ich habe also ganz viel für mich gemacht und geschaut, wo stehe ich gerade und was könnte mir auch gerade helfen?
Bei mir war das auch so, dass ich auf ganz viele Dinge verzichtet habe, um mir auch gewisse Dinge wie ein Coaching leisten zu können. Ich bin nicht in den Urlaub gefahren, ich habe mein Auto verkauft, weil ich es eh kaum gebraucht habe. Ich habe wirklich geschaut, was kann ich reduzieren, an welcher Stelle kann ich Geld einsparen, damit ich gesund werden kann?
Das soll jetzt nicht heißen, dass man Geld braucht, um gesund zu werden. Mir hat es geholfen und jeder darf für sich schauen, was ihm hilft. Schau, welche Möglichkeiten Du für Dich hast und wie Du das Ganze für Dich hinbiegen kannst.
Die Kraft des Umfelds nutzen
Das Umfeld spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung und bei der Genesung einer Essstörung. Es ist wichtig, offen über Deine Gefühle und Ängste zu sprechen. Dadurch gibst Du Deinen Gefühlen Raum und brauchst dann Deine Essstörung nicht mehr so stark.
Deine Familie oder Deine Freunde wissen dann auch mehr darüber, wie es Dir geht. Aber nicht nur an Dir ist es gelegen. Deine Familie und Deine Freunde dürfen sich auch darum bemühen, die Krankheit zu verstehen. Sie dürfen sich informieren, Dir Verständnis entgegenbringen, offen kommunizieren und Empathie zeigen.
Sie dürfen Grenzen setzen, aber auch Deine Grenzen respektieren. Vielleicht gemeinsame Aktivitäten unternehmen, bei der Behandlung unterstützen und immer motivieren. Dabei nicht zu sehr unter Druck setzen, sondern wirklich motivierend zur Seite stehen.
Wie Familie und Freunde richtig helfen können
Das kann ich auch immer wieder sagen, Druck bringt nichts. Das verschlimmert das Ganze. Dadurch ziehst Du Dich einfach nur noch mehr zurück. Wenn Du einer betroffenen Person bei einer Essstörung helfen kannst, sag ihr: „Ich bin für Dich da, wenn Du mich brauchst.“ Und damit ist gut.
Setz sie nicht unter Druck. Zeig ihr und sag ihr, dass Du für sie da bist. Aber sag nicht die ganze Zeit: „Jetzt iss noch was“ und „Du isst so wenig“ und „Du hast Dich verändert“ und „Du hast schon zugenommen“ oder „Du hast abgenommen“. Versuche, solche Kommentare zu meiden, und schaue wirklich auch, was der Person guttut.
Also auch da wieder individuell schauen, aber unterstützend tätig sein. Das ist so wichtig. Lass Dir helfen, lass Dich unterstützen.
Dein Weg aus der Essstörung beginnt heute
Lass den Artikel einfach mal auf Dich wirken. Vielleicht hast Du auch schon den einen oder anderen Gedanken. Vielleicht bemerkst Du auch schon ein paar Folgen der Essstörung und siehst das als Zeichen, dass Du handeln darfst.
Dein erster Schritt könnte ein Gespräch mit Deinem Hausarzt sein oder das Googeln nach Beratungsstellen in Deiner Nähe. Versuch, mit Deinem Umfeld zu sprechen und es einzubeziehen. Lass Dir helfen, lass Dich unterstützen. Du musst da auf jeden Fall nicht alleine durch.
Ich bin heute auch komplett frei von meiner Essstörung. Zudem helfe ich als Coach anderen Frauen dabei, denselben Weg zu gehen. Falls Du das Gefühl hast, Du bist bereit für Veränderung und wünschst Dir professionelle Unterstützung, dann melde Dich gern. Dafür buche Dir einfach ein kostenfreies Kennenlerngespräch. Dort schauen wir gemeinsam auf Deine aktuelle Situation und ich zeige Dir, welche konkreten ersten Schritte für Dich sinnvoll sind.
Du bist nicht alleine mit Deinen Kämpfen. Auch wenn Du noch Zweifel hast oder Angst vor Veränderung, das ist völlig normal. „Ich hatte die gleichen Ängste.“ Doch Heilung ist möglich.
Liebe Grüße
Deine Janina
„Heilung bedeutet nicht, dass der Schmerz nie existiert hat. Es bedeutet, dass er Dich nicht mehr kontrolliert.“
Akiroq Brost