Von perfekten Mahlzeiten zur Essensfreiheit

Veröffentlicht: 17.09.2025

Artikel Von: Janina Eilts

Kennst Du das Gefühl, dass jede Mahlzeit perfekt sein muss? Du stehst vor dem Kühlschrank und denkst: „Das ist es nicht wert, dafür Kalorien zu verschwenden.“ Nur das Beste, nur das Außergewöhnlichste darf auf Deinen Teller. Alles andere? Verschwendung. Du lehnst sogar Essen ab, das Dir eigentlich schmeckt, nur weil es nicht “perfekt genug” ist. Du bist nicht allein mit diesem Gedanken. Besonders Frauen mit einer Essstörung kennen diesen inneren Zwang, dass Essen immer etwas Besonderes sein muss.

Mahlzeiten werden zu Stressmomenten voller Bewertungen. Du lehnst Essen ab, das „nur“ okay schmeckt, obwohl Dein Körper Hunger hat. Vielleicht kennst Du auch das schlechte Gewissen, wenn Du dann doch etwas „Minderwertiges“ isst. Solche Gedanken rauben Dir die Leichtigkeit. Zudem machen sie aus dem natürlichsten Vorgang der Welt eine komplizierte Wissenschaft.

Hier zeige ich Dir, wie Du Dich von Food-Perfektionismus befreien kannst. Ich teile mit Dir 3 konkrete Erkenntnisse, die mich von „perfekten Mahlzeiten“ zur wahren Essensfreiheit geführt haben. Du erfährst, warum eine einfache Mahlzeit aus Reis mein Verhältnis zum Essen weiter revolutionierte.

Meine Essstörung: Als Essen immer etwas Besonderes sein musste

Ich kenne diese Gedanken nur zu gut. Über 12 Jahre lang bestimmten Magersucht und Bulimie mein Leben. Damals musste jede Mahlzeit etwas ganz Besonderes sein. 

Einfach nur ein durchschnittliches Essen zu essen, kam mir gar nicht in die Tüte. Hat etwas nicht geschmeckt? Dann habe ich es nicht aufgegessen. Hat es nur so lala geschmeckt? Auch das war für mich nicht gut genug. In meinem Kopf rechtfertigte jeder Bissen seine Existenz. Alles musste krass sein, besonders, außergewöhnlich.

Diese Denkweise war Teil meines perfektionistischen Essverhaltens. „Verschwendete Kalorien“ war ein Gedanke, der mich täglich begleitete. Ich bewertete ständig, ob ein Lebensmittel „es wert“ war, gegessen zu werden. War das Essen nicht lecker genug, fühlte es sich an wie Verschwendung. Dabei ging es nie um echten Hunger oder die Bedürfnisse meines Körpers. Es ging nur um diese selbst auferlegten Standards von Perfektion.

Diese ständige Bewertung von Mahlzeiten raubte mir jede Spontaneität und Leichtigkeit beim Essen. Ich konnte nicht einfach hungrig sein und etwas essen. Jede Mahlzeit wurde zu einer Entscheidung von enormer Tragweite. Der Druck war immens und die Enttäuschung groß, wenn das Essen meinen hohen Standards nicht entsprach.

Diese Denkweise hatte nichts mit gesunder Ernährung zu tun. Sie war ein Symptom meiner Essstörung. Es war ein verzweifelter Versuch, Kontrolle über meinen Körper und mein Leben zu behalten, als sich alles andere unkontrollierbar anfühlte. Was ich damals nicht wusste, war, dass wahre Kontrolle bedeutet, loslassen zu können.

Warum ich Deutschland verlassen habe

Vor drei Jahren traf ich eine Entscheidung, die mein Leben komplett veränderte: Ich verließ Deutschland und begann eine Weltreise. Was nach außen wie ein Abenteuer aussah, war für mich ein weiterer Schritt aus meiner Komfortzone. Denn auch Jahre nach meiner Essstörung stellte ich fest, dass das Leben immer wieder Situationen bereithält, in denen man sich seinen Ängsten stellen muss.

Die Entscheidung zur Auswanderung war nicht leicht. In Deutschland hatte ich mir ein sicheres Leben aufgebaut. Meine Familie und Freunde wohnen hier. Ich wusste, wo ich einkaufen konnte, kannte die besten Restaurants und hatte meine Routinen. Alles war vertraut und kontrollierbar. Doch genau diese Sicherheit wurde mir irgendwann zu eng.

Interessant war, dass die Gefühle vor der Abreise den Gefühlen während meiner Essstörungszeit ähnelten. Da war wieder dieser innere Kampf zwischen zwei Anteilen. Der eine Teil von mir wollte unbedingt raus, die Welt entdecken und wachsen. Der andere Teil klammerte sich an das Bekannte und flüsterte: „Bleib doch einfach hier, wo alles sicher ist.“

Genau diesen inneren Konflikt kannte ich aus meiner Essstörung. Damals kämpfte ein Teil von mir für die Heilung, während der andere Teil in der Krankheit bleiben wollte. Doch Veränderung bedeutet immer, die Komfortzone zu verlassen. Und die einzige Konstante im Leben ist tatsächlich die Veränderung selbst.

Was mich das einfache Essen gelehrt hat

Essensfreiheit

Dann kam der Moment, der mir alles nochmal so klar machte. Wir waren gerade in Thailand angekommen, müde von der langen Reise. Am Flughafen gab es abends nichts mehr außer Reis und Bananen. Früher hätte ich niemals nur trockenen Reis mit einer Banane gegessen. Niemals. Das war für mich undenkbar, zu simpel, zu langweilig, definitiv nicht „besonders“ genug.

Doch an diesem Abend war ich einfach nur hungrig. Und weißt Du was? Ich aß den Reis und die Banane. Und ich war danach satt. Es war okay. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Hier wurde mir richtig klar, wie weit weg die Essstörung von mir einfach ist. Denn bei diesem Essen ging es einfach null um Geschmack, Perfektion oder verschwendete Kalorien. Es ging einfach nur darum, meinem Körper zu geben, was er brauchte.

Diese simple Erfahrung zeigte mir nochmals auf, dass Essen in erster Linie dazu da ist, uns am Leben zu halten. Hier in den ländlichen Gebieten Thailands sah ich, wie die Einheimischen leben. Viele haben wenig Geld und essen hauptsächlich Reis und Bananen, weil es sättigend und günstig ist. Sie sind dankbar dafür, überhaupt etwas zu essen zu haben.

Plötzlich wurde mir bewusst, wie verschwenderisch mein damaliges Verhalten in der Bulimie war. Während Menschen hier dankbar für ihre tägliche Schale Reis sind, hatte ich so viel Geld für die „perfekte Mahlzeit“ ausgegeben, nur um sie wieder zu erbrechen. Diese Erkenntnis war schmerzhaft, aber befreiend. Essen muss nicht spektakulär sein, es muss nur nähren. Und manchmal ist genau das die wertvollste Mahlzeit von allen.

Parallelen zwischen Essstörung und anderen Ängsten

Was mich am Anfang der Reise am meisten überrascht hat, waren die Ängste, die ich hatte. Denn die inneren Kämpfe, die ich durchlebte, ähnelten so sehr denen aus meiner Essstörungszeit. Da war der eine Teil, der immer weiter wollte, neue Orte entdecken und wachsen wollte. Und da war der andere Teil, der sich an das Bekannte klammerte und in der Komfortzone bleiben wollte.

Genau diese beiden Stimmen kannte ich aus meiner Essstörung. Damals kämpfte ein Teil von mir für die Heilung, während der andere Teil in der Krankheit bleiben wollte. Am Anfang der Reise waren es zwar andere Themen, aber das Muster war dasselbe. In Thailand hatte ich zum Beispiel große Angst vor den aggressiven Hunden. Überall waren Privathäuser mit Hunden, die sehr territorial waren. Am Anfang wollte ich mich am liebsten in meiner Unterkunft verkriechen und gar nicht hinausgehen. So wie früher, als ich Angst vor Restaurantbesuchen hatte.

Doch genau das wäre der falsche Weg gewesen. Vermeidung löst nie das Problem, sie verstärkt es nur. Das kenne ich zu gut aus der Essstörung. Wer bestimmte Lebensmittel vermeidet, verstärkt die Angst davor nur. Wer soziale Situationen mit Essen meidet, macht sie zu noch größeren Monstern. Stattdessen bin ich jeden Tag an den Häusern mit den Hunden vorbeigelaufen. Ja, es war unangenehm. Aber jedes Mal wurde es ein bisschen leichter. So funktioniert auch die Heilung: Man muss sich seinen Ängsten stellen, einen kleinen Schritt nach dem anderen. Solange bis das Monster zur normalen Mahlzeit wird.

Praktische Erkenntnisse für Deinen Heilungsweg

Neben meinen ganzen Weiterbildungen habe ich alleine durch meine Weltreise extrem viel gelernt. Ich möchte Dir 3 konkrete Erkenntnisse mitgeben, die Du direkt auf Deinen Heilungsweg übertragen kannst. 

 

1.Lerne, Deine Erwartungen loszulassen

Ich hatte so viele Vorstellungen davon, wie Thailand aussehen sollte. Zum Beispiel paradiesische Strände, perfekte Unterkünfte. Als die Realität anders war, war ich zunächst enttäuscht.

Genauso verhält es sich mit der Heilung. Wenn Du erwartest, nach einem Monat Therapie „geheilt“ zu sein, wird jeder Rückschlag zur Katastrophe. Stattdessen solltest Du jeden kleinen Fortschritt feiern.

 

2.Bedürfnisse erkennen und respektieren

Eine weitere wichtige Erkenntnis war, meine echten Bedürfnisse kennenzulernen. Ich merkte, dass ich als sehr introvertierter Mensch viel Ruhe brauche. Bangkok war aufregend, aber auch überwältigend. Als ich das akzeptierte, konnte ich besser für mich sorgen. 

Das solltest Du auch für Dich lernen. Lerne, was Dein Körper und Deine Seele wirklich brauchen. Nicht was die Essstörung Dir einredet, sondern was Dir guttut. Dafür kannst Du Dich täglich fragen: Was brauche ich JETZT? Ruhe? Sanfte Bewegung? Ein Gespräch? Oft verwechseln wir Hunger mit anderen Bedürfnissen. 

 

3.Routinen

Besonders wertvoll waren meine festen Routinen. Egal wo ich war, ich meditierte, machte Yoga, schrieb und ging spazieren. Diese Struktur gab mir Halt in unbekannten Situationen. Auch für Dich können heilsame Routinen ein Anker sein. Routinen, die Dir Energie geben, statt sie zu rauben. Routinen, die nichts mit Kontrolle über Essen zu tun haben, sondern mit liebevoller Selbstfürsorge.

Beginne zum Beispiel mit 10 Minuten täglich: 5 Minuten Atemübung morgens, 5 Minuten Tagebuch schreiben abends. Das sind Routinen, die Dich stärken statt schwächen.

Von der Ohnmacht zur Handlungsfähigkeit

Manchmal fühlt sich alles hoffnungslos an. Nach einem Rückschlag, einem Essanfall oder verletzenden Kommentaren anderer. Ich kenne diese Momente, in denen man sich als Opfer der Umstände fühlt. Das ist menschlich und okay. Dort zu bleiben, hilft jedoch nicht weiter.

Raus aus dem Selbstmitleid, rein in die Eigenverantwortung. Das war eine der härtesten, aber wichtigsten Lektionen meiner Reise und auch schon in der Essstörung. Als unsere Unterkunft in Thailand nicht das war, was wir erwartet hatten, merkte ich es wieder. Es gab gar keinen Zugang zum Meer, obwohl „200 Meter zum Strand“ versprochen waren. Da merkte ich wieder, wie schnell man in die Opferrolle rutschen kann. „Das ist so unfair, wir haben uns das anders vorgestellt und gebucht.“

Aber weißt Du was? Diese Haltung bringt Dir nichts. Gar nichts.

Lösungsorientiert denken lernen

Ich kenne diese Haltung nur zu gut aus meiner Essstörungszeit. Damals war ich gefangen in Gedanken wie: „Niemand versteht mich, alle sind gemein zu mir, warum passiert mir das alles?“ Ich wartete darauf, dass andere sich ändern. Ich wollte, dass sie endlich verstehen, was ich durchmache. Dazu fühlte es sich berechtigt an, denn schließlich war ich krank und litt wirklich.

Aber ehrlich? Diese Haltung hielt mich nur gefangen. Natürlich ist es frustrierend, wenn andere Dein Essverhalten nicht verstehen. Es tut weh, wenn Kommentare kommen wie „Iss doch einfach normal“. Deine Gefühle sind absolut berechtigt. Es ist verletzend, wenn andere Deine Essstörung nicht verstehen. Das hat mich damals auch verletzt. Doch ich musste lernen, dass, solange ich nur darauf wartete, dass andere sich ändern, ich selbst stehenblieb.

Der Wendepunkt kam, als ich mich fragte: „Was kann ICH heute tun?“ Einen Therapeuten anrufen? Ein Coaching buchen? Eine Selbsthilfegruppe besuchen? Einem Freund/einer Freundin ehrlich sagen, wie es mir geht? Das war nicht einfach, im Gegenteil, es war anstrengend. Denn Eigenverantwortung bedeutet auch, die Hoffnung aufzugeben, dass andere mich “retten” werden. Doch es war der Beginn meiner Heilung.

Die Frage ist nie: „Warum passiert mir das?“ Die Frage ist: „Was kann ich jetzt tun?“

Du bist stärker als Deine Ängste

Wenn ich heute zurückblicke auf meine Reise. Also sowohl die physische um die Welt als auch die emotionale aus der Essstörung heraus, dann habe ich eines gelernt. Du bist so viel stärker, als Du glaubst. 

Vor vier Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich mit nur einem Handgepäckskoffer um die Welt reise. In meiner Essstörung hätte ich nie geglaubt, dass ich jemals entspannt Reis und Bananen essen könnte, ohne jeden Bissen zu bewerten.

Aber hier bin ich. Und hier bist auch Du, bereit für Veränderung, sonst würdest Du diesen Artikel nicht bis zum Schluss lesen. Das allein zeigt mir, dass in Dir derselbe mutige Anteil lebt, der auch mich aus der Essstörung geführt hat. Höre auf ihn. Gib ihm Raum.

Du musst nicht perfekt sein. Dein Essen muss nicht perfekt sein. Es reicht, wenn es Dich nährt. Es reicht, wenn Du kleine Schritte machst.

Heute bin ich komplett frei von Food-Perfektionismus und meiner Essstörung. Als Coach begleite ich andere Frauen dabei, ihre eigene Essensfreiheit zu finden. Falls Du merkst, dass auch Du bereit bist, Dich von dem Zwang zu befreien, dass jede Mahlzeit besonders sein muss, dann lass uns sprechen. In einem kostenfreien Kennenlerngespräch schauen wir gemeinsam, wie Du wieder Leichtigkeit in Dein Essverhalten bringen kannst.

Du bist nicht allein mit diesem Kampf. Auch wenn Du Zweifel hast, ich kenne sie alle. Doch der Weg von perfekten Mahlzeiten zur wahren Essensfreiheit ist möglich. Du schaffst das. Einen Bissen nach dem anderen.

Liebe Grüße 

Deine Janina


„Das Leben beginnt am Ende Deiner Komfortzone.“

 Neale Donald Walsch

Janina Eilts

Janina Eilts

Expertin für gestörtes Essverhalten

Nach 12 Jahren eigener Essstörung habe ich einen nachhaltigen Heilungsweg gefunden. Mittlerweile führe ich als dauerhaft Weltreisende nur Handgepäck das freie Leben, von dem ich immer geträumt habe. Zudem begleite ich als Coach anderen Frauen dabei, die Essstörung zu überwinden. Ich bin überzeugt: Auch Du kannst es schaffen.

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