Falls Du Deine Essstörung vollkommen überwinden möchtest, solltest Du Dein Bewegungsverhalten überdenken. Wieso das so ist und wie Du es schaffst, wirst Du in diesem Artikel erfahren.
Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass die Gefahr besteht, in der Quasi-Recovery stecken zu bleiben, wenn Du Dich nicht mit Deinem Bewegungsverhalten auseinandersetzt.
Denn selbst wenn Du Dich nicht mehr so stressen lässt und sich Deine Beziehung zum Essen wieder normalisiert hat, ist ohne ein freies und intuitives Bewegungsverhalten Deine Recovery nicht vollständig abgeschlossen. Das Überdenken der Beziehung zur Bewegung und die Reduzierung von Bewegung sind grundlegende Pfeiler der Recovery.
Allerdings ist dies natürlich leichter gesagt als getan und es ist auf mentaler Ebene für viele eine sehr hohe Hürde, die überwunden werden muss. Dabei betreffen Probleme mit dem Bewegungsverhalten auch Frauen, die sich selbst nicht als Essgestörte bezeichnen würden. Der Grund hierfür ist, dass viele Frauen sich selbst als faul und disziplinlos wahrnehmen, wenn Sie die Bewegung reduzieren.
Dabei bist Du weder faul noch ist es ungesund, eine Sportpause einzulegen oder die Bewegung zu reduzieren. Das Gegenteil ist sogar oftmals der Fall, denn je nach körperlicher Situation kann es das Gesündeste und Beste sein, was Du für Deinen Körper tun kannst. Dies kann sich jedoch aufgrund von inneren Widerständen und negativen Gefühlen, die hochkommen, schrecklich anfühlen.
Daher möchte ich Dir mit den nachfolgenden Tipps dabei helfen, diese inneren Widerstände und negativen Gefühle zu überwinden. Sodass Du Deinem Körper etwas Gutes tun kannst und wieder ein freieres und glücklicheres Leben führen kannst.
1. Ändere Deine Definition von Gesundheit
Was heißt es für Dich gesund zu sein? Vielleicht bedeutet es für Dich, die perfekte Ernährung zu befolgen, X Schritte pro Tag und X Workouts in der Woche zu absolvieren. Doch ist es bei Dir noch ausgeglichen? Ich rate Dir dringend, dass Du Dich von Gedanken verabschiedest, in denen Du gesund mit einer bestimmten Anzahl von Workouts oder Schritten gleichsetzt. Natürlich gilt das auch für Gedanken, wie ich muss Gewicht X erreichen, um gesund zu sein.
Für eine ganzheitliche Gesundheit ist es wichtig, dass eine gewisse Ausgeglichenheit herrscht. Das Problem ist, dass viele sehr schnell in Zwang und ins Extreme rutschen, somit herrscht dann keine Ausgeglichenheit.
Für mich gehört zur Gesundheit auch die geistige Ebene, das bedeutet zum Beispiel einfach mal eine Trainingspause zu machen oder sich einfach mal nicht zu bewegen, ohne sich direkt wertlos zu fühlen. Das bedeutet, falls Du das Gefühl hast, Du müsstest Sport machen, um Dir Dein Essen zu verdienen oder die gegessenen Kalorien wieder zu verbrennen, sind dies Gedanken, die Deine Gesundheit nicht fördern.
In einer förderlichen Definition von Gesundheit ist kein Platz für Perfektionismus. Das bedeutet: Du musst nicht jeden Tag stundenlang in einem Fitnessstudio sein oder versuchen nur die nährstoffreichsten und perfektesten Lebensmittel zu essen. Dazu kommt, dass Gesundheit nicht nur Ernährung und Sport ist, sondern es bezieht sich zum Beispiel auch auf die Menschen, mit denen Du Dich umgibst und welche Dinge Du konsumierst (Medien, Bücher etc.).
Daher solltest Du Gesundheit nicht mit Ernährung, Bewegung und Sport verknüpfen, sondern ganzheitlich denken. Daher strebe eher danach ein glückliches und freies Leben zu leben, in dem Du Dein Wahres selbst ausleben kannst, wie auch immer dies für Dich persönlich aussehen mag. Dies wird auch dazu führen, dass Du gesund lebst.
2. Glaube nicht jeden Gedanken
Glaubst Du, Du bist Deine Gedanken? Glaubst Du, Deine Gedanken sind wahr? Dann lass mich Dir sagen, dass Du nicht Deine Gedanken bist und Du Deinen Gedanken nicht einfach so glauben solltest.
Was das bedeuten soll?
Ich gebe Dir ein Beispiel, um es besser verständlich zu machen. Sobald Du aufhörst mit Deinem Sportprogramm aufhörst oder Deine Bewegung reduzierst, werden wahrscheinlich Gedanken in Deinem Kopf auftauchen, wie „Du bist faul“ oder etwas ähnliches. Diese Gedanken sind quasi die Stimme Deiner Essstörung, doch das, was sie Dir sagt, ist nicht die Realität! Daher gilt es, sich dieser Stimme entgegenzustellen und sich diesen Gedanken auf keinen Fall weiterzugeben. Das heißt, Du verfolgst diesen Gedanken einfach nicht weiter und konzentrierst Dich, sobald Du ihn wahrgenommen hast, stattdessen darauf, warum Du Deine Essstörung überwinden willst. Anstatt den negativen Gedanken nachzugehen, konzentrierst Du Dich auf Deine positiven Ziele.
Damit Du dieses Ziel erreichst, ist es unglaublich wichtig, die Beziehung zur Bewegung zu verbessern. Daher solltest Du Deine negativen Gedanken nicht einfach so hinnehmen, sondern Dich gegen diese wehren.
Merke Dir also: Deine Gedanken erzählen Dir nicht die Wahrheit. Damit Du wieder gesund wirst, treffe Entscheidungen, die Deiner Erholung dienen, damit Du gesund werden kannst.
3. Du musst es nicht alleine schaffen
Falls Du denkst, dass es Dir alleine nicht möglich ist, Dein Sportprogramm zu reduzieren, dann hole Dir doch einfach Hilfe. Dafür kannst Du zum Beispiel in der Zeit, in der Du ansonsten ins Fitnessstudio gehst oder eine Runde joggst, jemanden aus Deine Familie oder Freundeskreis fragen, ob ihr euch zu dieser Zeit treffen oder telefonieren könnt.
Dazu kannst Du Deine Freunde oder Familienmitglieder, sofern Du ihnen vertraust, in Deine Probleme einweihen und sie um Unterstützung bitten. Dies kann Dir dabei helfen, dran zu bleiben und nicht nach einem Treffen wieder aufzuhören und dafür wieder ins Fitnessstudio zu gehen. Natürlich wäre es auch möglich, einfach mit einer Freundin oder einem Familienmitglied zu sprechen, um eine Person zu haben, die Dir in schwierigen Zeiten beistehen kann.
Darüber hinaus ist es wahrscheinlich förderlich, Dich mit den Ursachen und Gründen auseinanderzusetzen, warum Du Dich überhaupt als faul und undiszipliniert wahrnimmst. Sobald Du diese auslösenden Ursachen an der Wurzel bearbeitest, wird dies dazu führen, dass Du limitierende Denkweisen und Überzeugungen endgültig loswirst. Dadurch kannst Du eine neue Beziehung zu Bewegung aufbauen und Dich wieder mit Freude und aus Vergnügen bewegen, ohne Zwang und Druck.
Du brauchst keine Angst haben, um Hilfe zu bitten, denn dies zeugt von wahrer Stärke. Dafür kannst Du Dich auch gerne an mich wenden und wir schauen gemeinsam, in welcher Form eine Zusammenarbeit möglich ist.
4. Entwickle alternative Strategien
Nutzt Du Sport, um negative Gefühle zu unterdrücken oder zu bewältigen? Dies ist ein Grund, weshalb es für Dich so schwer sein kann, Dir eine Woche ohne Sport vorzustellen oder auch nur einen einzelnen Tag. Dies ist auch logisch, denn je häufiger Du dieses Mittel wählst, desto mehr gewöhnst Du Dich daran.
Ich möchte hiermit nicht sagen, dass Sport keine Option ist, um negative Gefühle loszuwerden, aber als einziger Weg und für tieferliegende Probleme ist es nicht das Mittel der Wahl. Damit es klar wird, was ich meine, wenn Dich Dein Job so sehr stresst, ist der Weg nicht mehr Sport zu machen, sondern Dir vielleicht einen neuen Job zu suchen oder zu schauen, was in Deinem Job zu verändern ist, damit er Dich nicht weiter stresst.
Damit Du Dich nicht so sehr von Deinem Training abhängig machst, solltest Du andere Wege finden, um mit schwierigen Gefühlen umzugehen. Denn sobald Du andere und vielleicht noch effektivere Möglichkeiten hast, wirst sich Dein Bedürfnis zu trainieren verringern. Das ermöglicht Dir dann erst einmal, wieder überhaupt zu erkennen, wenn Dir der Körper signalisiert, dass er eine Pause benötigt.
Nachfolgend ein paar alternative Möglichkeiten, um mit negativen Gefühlen umzugehen:
- das Aufschreiben von Gefühlen (entweder als tägliche Übung oder nur bei Bedarf).
- Meditation (angeleitet oder anderweitig).
- Atemübungen, die entspannen und dazu beitragen, negative Emotionen besser zu verarbeiten.
Abschlussworte zum Thema Bewegungsverhalten
Bewertest Du den Erfolg Deines Tages anhand Deines Trainings?
Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Du Parameter für Dein Training festlegst und es anhand dieser bewertest. Die Bewertung des Trainings hat dann einen großen Einfluss darauf, wie erfolgreich Dein Tag war. Also Parameter können zum Beispiel sein, ob Du mehr Gewicht als beim letzten Mal geschafft hast, mehr Wiederholungen, mehr geschwitzt hast oder Dich kaputter gefühlt hast. Das gleich ist zum Beispiel ebenfalls anhand Deiner Schritte möglich, kennst Du so was?
Mit dieser Art der Bewertung bist Du sicherlich nicht alleine. Allerdings ist es am Ende des Tages einfach nur ein Training und sollte keinerlei Einfluss auf Dein Selbstwertgefühl oder Deinen Tag haben. Leidest Du unter Bewegungszwang?
Das Leben ist zu kurz für Zwang und Druck. Daher möchte ich, dass Du ein Leben führst, wie Du es Dir wünscht. Nutze die Zeit, die Du in einer Trainingspause gewinnst, für etwas Positives. Du kannst zum Beispiel endlich mal Dinge tun, die Du schon immer mal machen wolltest und bisher aufgrund von zu wenig Zeit nicht gemacht hast.
Ich weiß, vielen fällt es oftmals schwer etwas anderes zu machen oder es kommen Ausreden zum Vorschein. Daher gebe ich Dir nachfolgend eine unvollständige Aufzählung mit Beispielen:
Du kannst einfach mal Netflix schauen, dort kannst Du 50 Serien ausprobieren, um herauszufinden, welche Dir gefällt, Du kannst lesen (Lese 100 Bücher, um herauszufinden, was Dir so gefällt), Du kannst Dich mit Freunden auf ein Kaffee treffen, Dir eine Massage gönnen, Dir eine Gesichtsmaske auflegen und entspannte Musik hören, eine Freundin anrufen oder verschiedene Kurse wie töpfern, zeichnen etc. ausprobieren.)
Das Wichtigste ist, dass es Dir gefällt und Dir Spaß macht.
Liebe Grüße Janina
„All das Leid, der Stress und die Sucht kommen daher, dass Sie nicht erkennen, dass Sie bereits das sind, was Sie suchen. „
Jon Kabat-Zinn