Die Investition in sich selbst ist ein extrem wichtiges Thema auf dem Weg aus der Essstörung, da es sehr häufig bei Betroffenen so ist, dass alle anderen zuerst kommen. Dies äußert sich zum Beispiel, indem versucht wird, es allen anderen Personen recht zu machen. Doch irgendwann verliert jeder durch so ein Verhalten die Verbindung zu sich selbst.
Daher behandelt der heutige Artikel die zwei häufigsten Ausreden, die im Zusammenhang mit der „Investition in Dich selbst“ auftreten.
Die erste lautet: „Dafür habe ich keine Zeit“ und die zweite lautet: „Dafür habe ich kein Geld“.
Wir wollen uns heute einmal anschauen, ob es sich dabei wirklich um eine Ausrede oder eine Tatsache handelt. Die meisten, die eine dieser beiden Aussagen nutzen, werden wahrscheinlich voller Überzeugung sagen: „Bei mir ist es eine Tatsache und keine Ausrede.“ So war es bei mir früher auch. Doch heute im Rückblick denke ich ein wenig anders darüber.
Daher möchte ich euch ein wenig von meinen eigenen Erfahrungen aus meiner Vergangenheit erzählen. Denn es soll hier auf gar keinen Fall der Eindruck entstehen, dass ich irgendwie von oben herab und ganz schlau erzähle, dass alles kein Problem ist. Schließlich weiß ich noch ganz genau, wie es bei mir war. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich für einige Dinge kein Geld und keine Zeit habe.
Allerdings ist es rückblickend lediglich eine Ausrede gewesen.
„So viel Geld hab ich nicht, das kann ich mir nicht leisten.“
Das war meine erste Reaktion auf den Vorschlag meines Freundes, in mich selbst zu investieren. Es ging damals um einen kleineren Kurs, der mir dabei helfen sollte, es aus der Essstörung zu schaffen. Der Preis für diesen Kurs betrug lediglich 99 €. Im Rückblick war der Preis auch in Ordnung, jedoch war er mir damals viel zu teuer. Ich dachte, dass ich diesen Kurs nicht bezahlen kann, dass ich so viel Geld nicht ausgeben möchte.
Doch was ich eigentlich meinte, war vielmehr, dass ich so viel Geld für mich nicht ausgeben kann. Als ich mir mein Auto gekauft hatte, habe ich einen Kredit abgeschlossen, um es zu finanzieren. Dort hab ich mich auch nicht unbedingt gut gefühlt, aber das macht man halt so. Doch nun wollte ich nicht einmal 99 € für mich zahlen, wesentlich weniger, als ich im Monat für das Auto bezahlte. Allerdings brauchte ich das Auto ja für die Arbeit.
Der Gedanke, dass ich den Kurs für mich brauchte, kam mir damals überhaupt nicht. Ich hatte so ein geringes Selbst(wert)gefühl, dass ich es mir einfach nicht Wert war, Geld für mich und für meine Gesundheit zu investieren. Es war für mich einfach unvorstellbar.
Wie war meine finanzielle Situation damals?
Es war zu der Zeit so, dass ich ca. 30 Kilometer Arbeitsweg für eine Strecke fuhr und ca. 50 Kilometer zu meinem Freund. Damals haben wir noch nicht zusammen gewohnt. Somit fuhr ich ca. 500 Kilometer in der Woche. Dies war finanziell schon eine Belastung. Darüber hinaus musste ich noch einen Studienkredit und mein Auto abbezahlen. Allerdings war es so, dass ich immer noch irgendwie Geld fürs Shoppen hatte, da ich es halt unbedingt wollte.
Also die 99 € für den Kurs wären rein logisch schon drin gewesen. Dafür hätte ich halt einfach auf andere Sachen verzichten müssen. Zum Beispiel mal weniger Klamotten kaufen oder Ähnliches. Doch auf eine Art wollte ich es mir einfach nicht leisten, weil ich es mir wie gesagt nicht wert war. Dies konnte ich mir damals einfach nicht eingestehen, da war es leichter zu sagen, dass ich es mir nicht leisten kann.
Allerdings ist es auch möglich, seinen Selbstwert oder seine Selbstliebe zu steigern, indem man so handelt, als wären sie schon größer, als sie momentan sind. Denn in sich selbst zu investieren fördert die eigene Selbstliebe und seinen Selbstwert. Dadurch zeigt man sich selbst, dass man es sich wert ist, Geld für sich auszugeben.
Damals konnte ich es nicht und es bedarf einiger Diskussionen mit meinem Freund, bis ich mir schließlich diesen Kurs gekauft habe. Selbst wenn der Kurs mir nicht viel geholfen hätte, alleine dadurch, dass ich in mich selbst investiert hatte, führte zu einem veränderten Mindset..
Wie kannst Du es ermöglichen, dass Du in Dich selbst investieren kannst?
Wenn Du direkt am Anfang sagst, dass Du es Dir nicht leisten kannst, wirst Du keine Lösung mehr finden. Daher schaue ich immer einmal rational und logisch, was machbar ist und was nicht.
Ich bin damals zum Beispiel mit meinen Freund zusammengezogen (nicht aus finanziellen Gründen, dies war aber ein netter Nebeneffekt). Danach habe ich mir einen Job in der Nähe von unserer Wohnung gesucht. Dadurch brauchte ich mein Auto nicht mehr und konnte mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. So konnte ich meine Miete mehr als halbieren, meine Tankkosten auf null senken und durch den Verkauf meines Autos konnte ich fast alle Schulden abbezahlen.
Diese Änderungen gaben mir natürlich mehr finanziellen Spielraum und ich konnte meine Schulden schnell abbauen und zusätzlich mehrere Coachings absolvieren.
Mein Tipp an Dich: Schreibe vielleicht einmal einen Monat lang alles auf, was Du und wofür Du Geld ausgibst. Denn wenn Du nicht weißt, wofür Du exakt Dein Geld ausgibst, kannst Du auch nichts einsparen. Alleine das Tracken von Deinen Ausgaben kann schon dazu führen, dass Du weniger ausgibst. Zumindest hast Du danach einen Überblick darüber, was wofür ausgegeben wird und ob Potenzial zum Sparen besteht.
„Wir wollten aber doch nach Dubai fliegen…„
Dies war meine Form von der Ausrede „Ich habe keine Zeit dafür.“ Damals hatten mein Freund und ich geplant, nach Dubai zu fliegen. Allerdings fand dann ein 6-wöchiger Workshop zum inneren Kind statt, der mich interessierte. Mein Freund riet mir damals, an diesem Kurs teilzunehmen, um mich besser kennen und verstehen zu lernen. Ich antwortete darauf, dass ich nicht an dem Workshop teilnehmen kann, weil sich die Termine überschneiden.
Damals war unser Urlaub vom Arbeitgeber schon genehmigt worden, wir hatten jedoch noch keinen Flug gebucht. Letztendlich verzichteten wir auf unseren Urlaub in Dubai und ich nahm an diesem Kurs teil. Nun kann ich Dir rückblickend sagen, dass es die beste Entscheidung war, an dem Kurs teilzunehmen, denn ich lernte so viel mehr über mich kennen.
Wärst Du bereit für eine Investition in Dich auf Deinen Urlaub zu verzichten , um Dich selbst weiterzuentwickeln?
Warum sollte ich Geld oder Zeit als Ausrede nutzen, obwohl ich mich doch ändern will?
Wahrscheinlich weil Du Angst hast vor der Veränderung. Ich meine, ich wollte damals auch auf der einen Seite meine Essstörung loswerden und auf der anderen Seite war ich nicht bereit, 99 € zu zahlen. Das ist für mich heute total unverständlich und ich würde sofort 99 € zahlen, wenn sich dadurch für mich ein Problem lösen ließe. Allerdings kann ich mich auch noch sehr genau an die Zeit zurückerinnern, in der ich diese Summe als sehr groß empfand und einfach erst nicht bereit war, diese in mich zu investieren.
Dazu kommt, dass dieser Weg natürlich nicht immer leicht ist. Vielleicht kommt hinzu, dass Du verunsichert bist, weil Du nicht weißt, wie Dein Leben ohne Essstörung sein wird. Schließlich ist Deine Essstörung auch eine Strategie, die es Dir ermöglicht, mit Deinem Leben klarzukommen. Dies alles loszulassen, kann einem eine große Angst machen. Der einfachere Weg ist hier natürlich, sich selbst etwas vorzumachen und eine Veränderung direkt abzulehnen. Diese Ablehnung erfolgt dann zum Beispiel mit der Ausrede, dass man das Geld oder die Zeit dafür nicht hat.
Wenn Du Deine Essstörung loswerden willst, ist es auch einfach zwingend nötig, dass Du in Dich investierst. Natürlich musst Du nicht zwingend Geld dafür investieren. Schließlich gibt es beispielsweise kostenlose Gruppentreffen. Falls diese nichts für Dich sind, kannst Du Leistungen wie eine Klinik oder Physiotherapie nutzen, die Deine Krankenkasse für Dich zahlt.
Doch Zeit musst Du auf jeden Fall investieren.
Warum schreibe ich über das Thema Investition in Dich selbst?
Ich möchte dieses Thema einfach gerne ansprechen, um Dich zu sensibilisieren. Somit hast Du bei Dir die Möglichkeit, noch einmal genauer hinzuschauen. Dies könnte vielleicht dazu führen, dass Du Deine Ausreden erkennst und schneller in die Handlung kommst. Denn je eher Du in die Handlung kommst desto besser und jede Investition in Dich bringt Dich der Heilung näher.
Natürlich gibt es Dinge, die man sich wirklich nicht leisten kann, das ist auch bei mir so. Zum Glück gibt es jedoch immer irgendwelche anderen Lösungen, die weniger kosten und in das eigene Budget passen. Denn wie Du bereits weißt. „Ärgere Dich nicht über Dinge, die Du nicht ändern kannst.“😉
Allerdings sind auch in vielen Fällen die Finanzen nur eine Ausrede. Daher kann es sinnvoll sein, sich einfach einmal in Ruhe hinzusetzen und logisch und rational zu schauen, was möglich ist und was nicht. Dazu muss natürlich auch ein Überblick vorhanden sein, wie überhaupt Deine finanzielle Situation ist.
Beim Thema Zeit denke ich, dass es in nahezu allen Fällen eine Ausrede ist. Denn Zeit hat man nie, sondern diese muss man sich bewusst nehmen.
Der Tag hat für alle 24 Stunden, wenn Du 8 Stunden schläfst und 10 Stunden für die Arbeit hast, sind immer noch 6 Stunden am Tag über. Das sind 56 Stunden in der Woche. Ich denke, bei 56 Stunden in der Woche solltest Du noch 2 Stunden Zeit haben, etwas für Dich zu tun.
Das Problem ist einfach, dass die Zeit oftmals vertrödelt wird. Du kannst ja mal alles exakt aufschreiben, was Du an einem Tag so machst. Wahrscheinlich wären viele überrascht, womit sie den Tag so verbringen. Vielleicht schaust Du auch einfach mal nach, wie viel Bildschirmzeit Du am Handy hast. Also solange Du länger als 15 Minuten am Handy bist oder länger als 15 Minuten am Tag fernsehen schaust, hast Du kein Zeitproblem. 😉 Falls Du Dich fragst, wie Du Dir Pausen gönnst, auch wenn die Zeit knapp ist lese den verlinkten Blog-Beitrag.
Alles Liebe, Deine Janina
„Für seine Handlungen sich allein verantwortlich fühlen und allein ihre Folgen, auch die schwersten, tragen, das macht die Persönlichkeit aus.“
Ricarda Huch
PS: Am 13.11.2022 findet mein Impuls-Online-Workshop „Intuitives Essen“ statt.