Fühlst Du Dich gefangen in der Angst vor dem Zunehmen? Du bist nicht allein. Als Coach begleite ich täglich Frauen, die genau wie Du mit diesen belastenden Gedanken kämpfen. Ich kenne diese Angst auch von mir, denn sie war täglicher Teil meines Lebens während meiner Essstörung.
Die Gedanken ans Gewicht beeinflussen Deine Mahlzeiten und täglichen Entscheidungen. Du vermeidest bestimmte Lebensmittel, zählst zwanghaft Kalorien oder isst heimlich. Vielleicht fühlst Du Dich isoliert und fragst Dich, ob Essen jemals wieder ohne Anspannung möglich sein wird. Diese Zweifel erschweren es Dir, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen und neue Erfahrungen zu sammeln.
In diesem Artikel teile ich meine Erkenntnisse und Erfahrungen darüber, was wirklich hinter der Angst vor dem Zunehmen steckt. Zudem zeige ich Dir, mit welchen Übungen Du erste kleine Fortschritte machen kannst. Du wirst verstehen, warum Dein Körper so reagiert und wie Du wieder Vertrauen zu ihm aufbauen kannst.
Willst Du die alltäglichen Sorgen um Gewicht und Essen reduzieren? Dann lass uns gemeinsam schauen, welche konkreten Schritte Dir dabei helfen können.
Wenn die Angst vor dem Dicksein das Leben bestimmt
Die Angst vor dem Dicksein war täglicher Teil meines Denkens. Während meiner Bulimie befand ich mich bereits im oberen Normalgewicht. Doch trotzdem war die Furcht, weiter zuzunehmen, so präsent, dass sie mich davon abhielt, gesund zu werden. Denn in meinem Kopf war eine feste Überzeugung, wenn ich mit dem Erbrechen aufhöre, werde ich dick. Schließlich würde ich dann ja alles essen und auch behalten.
Diese Angst hatte ihre Wurzeln in meiner Vorgeschichte mit Magersucht. Die massive Gewichtszunahme damals war eine Erfahrung, die mein Denken langfristig beeinflusste. Obwohl ich längst ein normales Gewicht hatte, sah ich mich in meinem Kopf immer noch als zu dick an. Das Denken aus der Magersucht war geblieben, obwohl mein Körper sich längst verändert hatte.
Diese wiederkehrenden Muster verstärkten einander. Die Angst vor dem Dicksein führte zu strengen Essensregeln und Verboten. Diese wiederum lösten Essanfälle aus, die ich durch Erbrechen zu kompensieren versuchte. Nach jedem Anfall wuchs die Angst weiter, vor der nächsten Gewichtszunahme, vor dem Kontrollverlust, vor dem Versagen. In meinen Gedanken beschäftigte ich mich hauptsächlich mit Essen und Gewicht.
Diese Angst stand meiner Genesung im Weg. Zudem schränkte sie meine Lebensqualität erheblich ein. Gemeinsame Mahlzeiten mit Freunden wurden zur Qual, spontane Einladungen zum Essen lehnte ich ab. Selbst an guten Tagen war die Angst vor dem Dickwerden ein immer wiederkehrender Gedanke. Sie beeinflusste maßgeblich, was ich aß, wie viel ich mich bewegte und welche sozialen Kontakte ich pflegte.
Diese Sorge vor dem Dicksein war die Angst davor, die Kontrolle zu verlieren. Die Angst, nicht gut genug zu sein. Die Angst, nicht akzeptiert zu werden. Das Gewicht war nur die greifbare Oberfläche für viel tiefer liegende Ängste und Unsicherheiten.
Warum niemand die Angst für uns überwinden kann
Als Coach für Frauen mit Essstörungen bekomme ich zu keinem Thema mehr Fragen als zur Angst vor dem Zunehmen. Viele meiner Klientinnen hoffen auf eine sofortige Lösung, die ihnen die Angst nimmt. Doch ich muss Ihnen immer wieder ehrlich sagen: Diese Angst und Ungewissheit kann Dir niemand abnehmen. Du musst selbst durch diese Phase gehen – es gibt niemanden, der diesen Teil der Heilung für Dich übernehmen kann.
Was ich in meiner eigenen Heilung und in der Begleitung vieler Frauen gelernt habe, ist, dass sich die Angst verstärkt, wenn wir versuchen, ihr auszuweichen. Je länger Du wartest, desto mehr Du die Konfrontation mit der Angst hinauszögerst, desto mehr Raum nimmt sie in Deinem Alltag ein. Mit jedem Tag, an dem Du der Angst nachgibst und Entscheidungen von ihr treffen lässt, verstärkst Du sie weiter.
Die gute Nachricht ist, dass Du diese Angst bewältigen kannst. Allerdings nur, wenn Du konkrete Schritte unternimmst. Erst wenn Du anfängst, Dich der Angst zu stellen und trotz ihrer Präsenz kleine Schritte zu gehen, beginnt sie, weniger Einfluss auf Deine täglichen Entscheidungen zu haben. Ein Sprichwort sagt: „Man kann das Pferd zur Tränke führen, aber trinken muss es selbst.“ Genauso ist es mit der Angst vor dem Zunehmen – ich kann Dir den Weg zeigen, aber Du gehen darfst Du ihn selbst.
Dieser Schritt braucht Mut. Es bedeutet, Dich Deiner größten Angst zu stellen. Doch nur so kannst Du sie überwinden. Mit jedem kleinen Schritt, den Du trotz der Angst gehst, entwickelt sich Dein Vertrauen in Dich selbst und Deinen Körper. Die Angst wird nicht von heute auf morgen verschwinden. Doch wenn Du Dich immer wieder traust, ihr die Stirn zu bieten, wird sie allmählich weniger Raum in Deinen Gedanken einnehmen.
Was in der Übergangsphase mit unserem Körper passiert
Dein Körper hat nach einer langen Phase des Hungerns und der strengen Kontrolle nur ein Ziel. Sein Ziel ist es, sich zu schützen und seine Funktionen aufrechtzuerhalten. In der ersten Zeit, wenn Du beginnst, Dich regelmäßig und ausreichend zu ernähren, wird Dein Körper alles aufnehmen und speichern, was er bekommen kann. Es mag sein, dass er zunächst sogar Reserven bildet, um seine Grundfunktionen zu sichern.
Dies ist eine vollkommen natürliche Reaktion. Dein Körper hat über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinweg nicht ausreichend Nährstoffe bekommen. Wenn Du ihm dann plötzlich wieder regelmäßig Nahrung gibst, nutzt er die verfügbaren Nährstoffe zur Regeneration und Speicherung. Er tut dies aus einem einfachen Grund – er möchte sich vor zukünftigen Nährstoffmangel schützen. Dein Körper hat die Aufgabe, Dich am Leben zu erhalten, und er nimmt diese Aufgabe sehr ernst.
Genauso wie Du lernen musst, Deinem Körper wieder zu vertrauen, muss auch Dein Körper erst wieder lernen, Dir zu vertrauen. Er muss sich sicher sein können, dass Du ihn regelmäßig mit ausreichend Nahrung versorgst. Wenn Du Deinen Körper regelmäßig und ausreichend mit Nahrung versorgst, muss er nicht mehr jede Kalorie als Reserve speichern.
Dies ist die Anpassungsphase des Stoffwechsels, und ja – sie ist schwer auszuhalten. Viele fühlen sich in dieser Zeit körperlich anders und manchmal emotional herausgefordert. Doch diese Phase ist ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses mit begrenzter Dauer. Dein Körper wird mit der Zeit seinen natürlichen Rhythmus wiederfinden, wenn Du ihm die Chance gibst, wieder Vertrauen aufzubauen. Erlaube Dir und Deinem Körper, durch diese Übergangszeit zu gehen. Ich denke, es ist besser, ein paar Monate durch diese Zeit zu gehen, als ein Leben lang in der Essstörung gefangen zu sein.
Praktische Schritte zur Überwindung der Gewichtsangst
Um den Weg aus der Gewichtsangst zu gehen, darfst Du Dich von einigen Dingen trennen, die Dich zurückhalten. In einigen Situationen ist es sinnvoll, als ersten wichtigen Schritt sich von der Körperwaage zu trennen. Solange Du Dich zwanghaft wiegst, können die Zahlen Dich leicht in alte Gedankenmuster ziehen. Selbst wenn Du fest entschlossen bist, zuzunehmen, benötigt es viel emotionale Kraft, die Zahlen auf der Waage positiv zu sehen. In dieser Phase ist es wichtiger, auf Deine Körpersignale zu hören, als Dich von Zahlen leiten zu lassen.
Ein weiterer wichtiger Schritt betrifft Deine Kleidung. Wenn Du in der Phase der Heilung bist und merkst, dass Hosen zu eng werden oder zwicken, fällt es oft schwer, liebevoll mit Dir selbst umzugehen. Hole Dir stattdessen bequeme Kleidung, die „sich anpassen“ kann. Ich kann Dir dafür beispielsweise Leggings, Kleider oder Oversize-Shirts empfehlen. Kleidung, die Dich nicht einengt und bei der Du nicht ständig spürst, dass sie anders sitzt als früher. Diese Entscheidung hilft Dir, Dich im Alltag wohler zu fühlen und weniger auf Körperveränderungen zu achten.
Trenne Dich von Deinem Ganzkörperspiegel, wenn Du merkst, dass er Dir nicht guttut. Es kann sein, dass Du schon ganz automatisch Deinen Körper abchecken, wenn Du daran vorbeiläufst. Viele verbringen viel Zeit damit, verschiedene Körperstellen zu kontrollieren. Unser Körper verändert sich aber täglich – mal ist der Bauch etwas aufgeblähter, mal weniger. Das ist völlig normal, doch durch ständiges Body-Checking verstärkst Du negative Gedanken. Du verschwendest Energie damit, Dich zu fragen, warum Du heute „dicker“ aussiehst als gestern, obwohl Du doch „nichts anders“ gemacht hast.
Fang stattdessen an, eine neue Beziehung zu Deinem Körper aufzubauen. Besorge Dir eine besondere Bodylotion und creme Dich bewusst damit ein. Mache sanfte Yoga-Übungen, aber ohne neue Regeln wie „so lange muss ich mich mindestens dehnen“. Konzentriere Dich auf Deinen Atem, spüre bewusst in Deinen Körper hinein. In einem Tagebuch kannst Du den Fokus auf das lenken, was Dein Körper täglich für Dich leistet, anstatt nur sein Aussehen zu bewerten.
Von der Betroffenen zum Coach
Heute begleite ich als Coach täglich Frauen auf ihrem Weg aus der Essstörung. Doch der Weg dahin war nicht einfach. Ich musste mir selbst eingestehen: Wenn ich gesund werden will, muss ich aktiv werden. Damals sagte ich mir: „Lieber ein paar Monate durch die Hölle gehen und danach ein gutes Leben haben, als ein Leben lang in Verboten und Regeln gefangen zu sein.“ Diese Entscheidung war ein wichtiger Moment der Veränderung.
In meiner Arbeit sehe ich immer wieder, dass niemand, der den ersten Schritt wagt, es bereut hat. Auch wenn der Weg manchmal herausfordernd ist – am Ende fühlt es sich immer besser an als vorher. Die Veränderung beginnt, sobald wir konkrete Veränderungen in unseren täglichen Gewohnheiten umsetzen. Anfangen zu essen ist dabei ein erster Schritt. Die Herausforderung ist es, trotz aller Zweifel und Ängste täglich weiterzumachen.
Aus eigener Erfahrung und meiner Arbeit als Coach kann ich sagen, der Weg aus der Essstörung kann gelingen. Auch wenn es sich am Anfang ungewohnt und verunsichernd anfühlt – es ist wichtig, jeden Tag neu zu starten. Mit der Zeit entwickelst Du eine veränderte Wahrnehmung für die Signale Deines Körpers. Du lernst, Dich und Deinen Körper wieder zu spüren und ihm zu vertrauen. Heute kann ich sagen: Mein Körpergewicht bestimmt nicht mehr mein Leben. Ich weiß nicht einmal mehr, wie viel ich wiege – und das fühlt sich unglaublich befreiend an.
Der Weg in die Freiheit
Die Angst davor, immer weiter zuzunehmen, ist ein individueller Prozess, der bei jeder Frau anders verläuft. Der Prozess mag mit Höhen und Tiefen verbunden sein, doch er lohnt sich. Du hast jetzt praktische Ansätze und Übungen, um die ersten Schritte zu gehen. Zudem weißt Du, wie und warum Dein Körper reagiert.
Erinnere Dich: Die vorübergehende Unsicherheit während der Heilung ist der Preis für langfristige Freiheit im Umgang mit Essen. Jeder kleine Schritt zählt. Mit der Zeit wird die Angst leiser und Dein Vertrauen in Deinen Körper entwickelt sich Schritt für Schritt.
Möchtest Du Unterstützung auf diesem Weg? Dann buche Dir ein kostenfreies Kennenlerngespräch. Dort lernen wir uns kennen und schauen gemeinsam, wo Du gerade stehst und was Dich beschäftigt. Ich stelle Dir auch meine Arbeitsweise vor und beantworte all Deine Fragen.
Liebe Grüße
Deine Janina
„Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern trotz der Angst zu handeln.“
Franklin D. Roosevelt